Sa 01.06.2002
13. April und 13. Mai 2002: Zwei bedeutende Tage in der jüngsten Geschichte Österreichs. Der 13. April war der Tag, an dem seit langem die erste Nazi-Kundgebung am Wiener Heldenplatz stattfand, der 13. Mai der Tag, an dem die von der FPÖ initiierte Grazer “Bürgerwehr” zum ersten mal marschierte. Rechtsextremismus und Repression – wir kämpfen dagegen!
Deutsche Faschisten propagieren das Modell der “National befreiten Zonen”. Das sind Zonen, wo laut einem im November 1999 im NPD-Parteiblatt Deutsche Stimme erschienen Beitrag Rechtsextreme “faktisch die Macht ausüben”. Nazis wollen in diesen Zonen “sanktionsfähig” sein, d.h. “Abweichler und Feinde” bestrafen. Wer sind diese “Abweichler”? Ein wesentliches Merkmal für diese Zonen soll sein, dass Linke dort nicht “ungestört demonstrieren” und “Infostände” aufbauen können.
Das zeigt die Gefahr, die in rechtsextremer Präsenz auf den Straßen besteht. Diese Gefahr gibt es auch in Österreich: Sowohl durch die rechtsextremen Demonstrationen in den letzten Wochen, wie auch einer Bürgerwehr in Graz, die im Solde der FPÖ steht.
Wie kämpfen gegen die Bürgerwehr?
Nicht nur SozialistInnen, auch bürgerliche Parteien, beginnend von den Grünen über SPÖ bis zur ÖVP, stellen sich offiziell gegen die Bürgerwehr. Ihre Alternative ist: Mehr Polizei. Gleichzeitig werden von dieser Regierung Polizeibefugnisse ohne wirklichen Widerstand der “Opposition” im Parlament ausgeweitet. Peter Pilz konnte sich ein “eingeschränktes Vermummungsverbot” vorstellen; eine Maßnahme, die linke DemonstrantInnen in Zukunft kriminalisieren wird.
Auch die SPÖ gibt in einer Aussendung vom 27. Mai “dem Wiener FPÖ-Gemeinderat Kowarik hinsichtlich seiner Forderung nach mehr Polizei in den Wiener Bezirken Recht”.
Das erinnert an die historische Rolle rechter Banden wie dieser Bürgerwehr: Wegbereiter des Rechtsrucks zu sein. Bürger- und Heimwehren haben immer einen Vorwand gegeben, den repressiven Apparat auszuweiten. Wir meinen demgegenüber, dass sowohl Bürgerwehr, als auch mehr Polizei in erster Linie mehr Repression bedeuten und an den bestehenden Sicherheitsproblemen gar nichts lösen.
Worin liegt die Ursache für Kriminalität?
Gewalt, Kriminalität und Drogenmissbrauch haben ihre Wurzeln in der Klassengesellschaft. Unsere Gesellschaft zielt nicht darauf ab, den gesellschaftlich möglichen Reichtum so aufzuteilen, dass möglichst viele Menschen möglichst gut davon leben können, sondern den Profit für einige wenige zu sichern. Insofern gibt es hier eine ständige Gewaltausübung: Im Zentrum steht dabei tagtäglich der Sicherheitsapparat. Der vor kurzem erschiene Jahresbericht von Amnesty International beschreibt Beispiele von Polizeigewalt in Österreich als “Einsatz exzessiver Gewalt” und “Demütigung mit System”. (zitiert nach Online-Standard vom 28. Mai 2002).
“Law and order” heisst mehr Repression!
Wenn soziale Probleme ansteigen, wird die Polizei ihre Repression erhöhen – und damit immer nur Symptome, nicht Ursachen bekämpfen. Sie wird aber auch im Sinne der “Stabilisierung” der Verhältnisse gegen Linke, GewerkschafterInnen und SozialistInnen mehr und mehr Repression ausüben.
Die Debatte rund um die rechtsextreme Demo gegen die Wehrmachtsausstellung haben die Bürgerlichen zu einem Vermummungsverbot zur Kriminalisierung linker Demonstrationen genützt.
Wir können uns bei der Bekämpfung der rechten Gefahr nicht auf Staat und Polizei verlassen. Die antifaschistischen Demonstrationen in Wien sind Ansätze für einen vielversprechenderen Weg: Massenmobilisierungen sind eine mächtige Kraft gegen Rechte. Hätte die Polizei am 13. April nicht die Rechten geschützt, das Problem auch mit künftigen Nazi-Demos oder Aufmärschen wäre schnell gelöst gewesen: Die Rechten hätten beim Anblick dieser nahenden Antifa-Demo wohl Reißaus genommen.
Unsere Stärke heisst organisieren!
Dass es uns die Polizei nicht so leicht macht, führt dazu, dass wir umso besser organisiert sein müssen. Unsere potentielle Stärke besteht darin, dass wir die materiellen Interessen mit der großen Mehrheit der Bevölkerung teilen. “Bei einer Teilnahme von mehreren hundert Personen müsste ein Großaufgebot der Exekutive bereitstehen, um die Kundgebung halbwegs friedlich aufzulösen” schreibt die Presse am 17. 4. 2002. Was wäre bei einer Demo von tausenden organisierter Anti-RassistInnen?
Isolierte und unorganisaierte Versuche, durch eine Polizeisperre zu brechen, werden die Rechten nicht einschüchtern, sondern der Polizei einen Vorwand geben, gegen Teile der Demonstration vorzugehen. Geschlossenes Vorgehen von Demonstrationen ist mit einem gut koordinierten OrdnerInnendienst möglich. Dieser kann es auch ermöglichen, die Rechten wirklich zu stoppen.