Rassistische Welle im Schatten des Gaza-Kriegs

Gegen Rassismus, Antisemitismus, Besatzung und Krieg

Für internationale Solidarität und Widerstand gegen jede Unterdrückung

Eine Auswirkung der brutalen Eskalation in Israel und Palästina ist auch eine Diskussion über Antisemitismus und neue Welle an antimuslimischem Rassismus. Laura Sachslehner, ehemalige Generalsekretär*in der ÖVP, bringt diese rassistische Stimmung auf den Punkt “Wer den muslimischen Antisemitismus in unserem Land & in Europa an der Wurzel bekämpfen will, der muss die stetige illegale Einwanderung stoppen.” aber auch von Politiker*innen anderen Parteien und den Medien gibt es ähnliche Statements. Aber auch Grüne, SPÖ und ein großer Teil der außerparlamentarischen Linken stellen sich völlig unkritisch hinter die brutale Offensive des israelischen Regimes - ohne Differenzierung zwischen der israelischen Regierung und der Bevölkerung (während eine kleine Minderheit die widerlichen Taten der Hamas verteidigt oder ignoriert). Der “linke” SPÖ-Vorsitzende Babler, aber auch die KPÖ verlieren bis jetzt auf ihren sozialen Medien kein Wort über die Toten auf palästinensischer Seite. Einige fordern offen Abschiebungen.  Es ist wichtig den Opfern der Hamas-Attacke Anteilnahme und Solidarität auszudrücken und sich gegen Antisemitismus zu stellen - z.B. die Attacke auf eine jüdische Einrichtung in Berlin. Aber wenn es gleichzeitig keine Anteilnahme für die tausenden palästinensischen zivilen Opfer gibt und ihre Trauer sogar unterdrückt wird, signalisiert man damit auch klar allen Muslim*a: Eure Leben sind uns egal.

Die Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung soll per se als antisemitisch dargestellt werden und eine ganze Bevölkerungsgruppe wird mit der Hamas gleichgesetzt. Z.B. durch den ÖVP Generalsekretär Christian Stocker “Einem Volk, das sich dazu entschieden hat, willkürlich zu entführen, zu vergewaltigen und zu morden, kann man nicht zur Seite stehen.” In zahlreichen europäischen Städten - darunter auch Wien - werden palästinensische Proteste verboten. An Schulen werden Jugendliche, die Solidarität mit Palästina ausdrücken, schikaniert. Auf Berliner Straßen werden Menschen mit Palästina-Symbolen von der Polizei aufgehalten und verhaftet. Menschen, die jeden Tag Rassismus und Unterdrückung durch diese Gesellschaft erfahren, werden jetzt auch noch dafür stigmatisiert, Solidarität mit den Opfern eines brutalen Kriegs zu zeigen. Das widerlichen Auswirkungen dieser Hetze sieht man auch in der Ermordung eines palästinensischen Kindes durch einen Rassisten in den USA. 

Wie kämpfen gegen Rassismus und Antisemitismus?

Der Kampf gegen Antisemitismus ist eine wichtige Aufgabe für Linke - gerade in Österreich und Deutschland. D.h. vor allem gegen rechtsextreme Kräfte auftreten - 2022 hatten 55% aller antisemitischen Übergriffe rechtsextremen Hintergrund. Aber auch im Zuge der Solidaritätsdemonstrationen gegen den Krieg in Gaza ist es wichtig sich zu positionieren, wenn es zu Hass gegenüber Jüd*innen kommt und klarzumachen, dass wir den Antisemitismus der Hamas genauso ablehnen wie das rechte, pro-kapitalistische Netanjahu-Regime und die Besatzung als Wurzel des Konflikts. Beide können keinen Weg in Richtung eines sicheren und guten Lebens aufzeigen. Deswegen ist es zentral, zwischen dem israelischen Staat, der für die brutale Besetzung und kollektive Bestrafung und Ermordung von Palästinser*innen verantwortlich ist, und der israelischen Bevölkerung bzw. Jüd*innen zu unterscheiden. Wer  den israelischen Staat mit Jüd*innen gleichsetzt, schadet dem Kampf gegen Antisemitismus, weil man berechtigte Wut über Besatzung nicht auf die Rechtsextremen in der Regierung lenkt, sondern auf alle Jüd*innen.  Im Übrigen ignoriert, dass auch die massive Kritik innerhalb der jüdischen Bevölkerung an der rechtsextremen Netanjahu-Regierung, die in den vergangenen Monaten zu Massenprotesten geführt hat. 

Niemand hat die Corona-Demonstrationen daran gehindert, mit wildem Antisemitismus durch die Innenstädte zu ziehen. Bei antisemitischen militanten Neonazis drücken die Geheimdienste in Österreich und Deutschland beide Augen zu. Dieselbe ÖVP, die jetzt “muslimischen Antisemitismus” kritisiert, regiert in Niederösterreich mit der Landbauer-FPÖ, dessen Burschenschaft die Vergasung von Jüd*innen bejubelt. Alle Parlamentsparteien verfassen ein gemeinsames Statement in Solidarität mit den Opfern des Hamas-Angriffs (das palästinensische Opfer nicht mal erwähnt) mit einer FPÖ, deren Kern noch immer von antisemitischen Burschenschaftern gestellt wird. Tatsächlich trägt diese Rhetorik dazu bei, die historischen Verbrechen des Nationalsozialismus zu verharmlosen, besonders krass, wenn ÖVP-Mandatar Martin Engelberg behauptet, “die Hamas sei schlimmer als die Nationalsozialisten”. 

Rassistische Offensive schadet allen Unterdrückten

Die rassistische Welle der Regierenden hat nichts mit dem Kampf gegen Antisemitismus zu tun. Bei dem aktuellen Versuch Muslim*a kollektiv als antisemitisch darzustellen, geht es um etwas anderes: Rechtfertigung für das brutale Vorgehen des israelischen Staates und das Schüren von antimuslimischem Rassismus hier. Der Krieg in Gaza kommt gleichzeitig mit einer Zunahme an Menschen, die vor Krieg, Ausbeutung und Unterdrückung nach Europa fliehen. Schon vor dem Beginn des Konfliktes hat sich die EU auf eine härtere Grenzpolitik verständigt. Wir müssen davon ausgehen, dass diese Hetze gegenüber Muslimen genutzt wird, um damit eine mörderische Flüchtlingspolitik zu rechtfertigen. Es ist kein Zufall, dass wenige Tage nach Ausbruch des Krieges der Spiegel nach einem Interview mit dem deutschen SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz titelt: "Wir müssen endlich im großen Stil abschieben”. 

Diese Politik stärkt vor allem rechte und reaktionäre Kräfte - von FPÖ und Identitären, über Netanjahu und rechte israelische Siedler*innen, bis hin zu reaktionären islamistischen Gruppierungen - zu denen Muslim*a teilweise durch den alltäglichen Rassismus und die Ignoranz der Linken getrieben werden. Dieser Rechtsruck trifft alle Unterdrückten - Migrant*innen, Frauen, LGBTQIA+ Personen und auch Jüd*innen. 

Der einzige Weg Rassismus, Antisemitismus und Unterdrückung zu bekämpfen, ist der Aufbau einer internationalen Bewegung, die klar gegen die Besatzung und die Unterdrückung durch das rechte israelisch Regime kämpft - und sich dabei gegen die Hamas und islamistische Kräfte stellt, die in ihrem Machtbereich gegen jede Opposition vorgehen und Frauen, LGTBQIA+ und Gewerkschaftsaktivist*innen unterdrücken. Der Widerstand von Linken, Feminist*innen und Gewerkschafter*innen muss sich gegen jede Unterdrückung richten, sonst spielt man dem aktuellen Rechtsruck in die Hände. Aktuell bedeutet das besonders sich gegen die Welle an antimuslimischen Rassismus zu positionieren, die pauschale Hetze gegenüber Palästinenser*innen zurückzuweisen und gleichzeitig gegen Antisemitismus aufzutreten.