Oida taunz – Profite ohne Herz

Unter „Österreichbezug“ wird offenbar die unterste Schublade verstanden
Helga Schröder

Castingshows haben mittlerweile einen festen Platz in der Popkultur. Das ist nicht unbedingt schlecht: Viele „normale“ Menschen bewerben sich und zeigen, dass in ihnen mehr steckt als das, was sie arbeiten müssen. Die BewerberInnen werden aber immer auch in ein Konzept gepresst, hinter dem profitable und ideologische Interessen stecken. Nachsichtig könnte man „Herz von Österreich“ als missglückten Versuch zur Wiederbelebung des Austropop verstehen. Doch Statements von Ausgeschiedenen ist zu entnehmen, dass sie nach einer halben Minute abgedreht worden seien, ihre eigenen Texte nicht einmal angeschaut worden seien usw.

Die Teilnahmebedingung lautet, es müsse „österreichisches Deutsch“ gesungen werden, also auch Dialekt. Und es solle in Text und/oder Musik ein „Österreichbezug“ erkennbar sein. Wir staunen. Das „Herz von Österreich“ besteht also nach Ansicht der MacherInnen von puls4 aus einer ganz bestimmten Sprache mit ganz bestimmter Färbung. Slowenisch und Kroatisch gehören demnach nicht zum Herz Österreichs, obwohl sie laut Verfassung österreichische Sprachen sind. Wenn nicht einmal diese Sprachen zum „Herz“ Österreichs gehören, welchen Körperteil stellen dann andere in Österreich gesprochene Sprachen dar? Was ist „österreichisches“ Deutsch? „Tomate“ statt „Paradeiser“ als Ausscheidungsgrund? Es gibt gute Musik in Österreich, darunter auch „traditionelle“ Musik und Kultur (die selbst Produkt verschiedener älterer nationaler und kultureller Einflüsse ist). Die wird jedoch mit Nationalismus und sexistischen Texten verunglimpft. Als österreichisch gilt nur, was dem FPÖ-Bild des Deutsch-Österreichers entspricht. Es wird einRassismus transportiert, der keinen wissenschaftlichen Erfahrungen zur Sprachentwicklung und -veränderung standhält. Lokale KünstlerInnen werden nicht gefördert, indem ein nationalistisches Gegenstück zur „amerikanischen Musik“ aufgebaut wird, sondern durch Förderungen ohne kulturellen Maulkorb. Dort wird aber gekürzt. Stattdessen werden neue Ressentiments gezüchtet darüber, was "echt" österreichisch sei.

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