Do 01.03.2001
Die gesetzliche Normalarbeitszeit beträgt in Österreich 8 Stunden täglich, und 40 Stunden wöchentlich. In vielen Bereichen hat das jedoch nichts mehr mit der Realität zu tun. So auch im Sozialbereich.
Ich bin seit Oktober 2000 Zivildiener in einem Heim für behinderte Kinder der Caritas. Hier sieht der normale Dienstplan so aus: Dienstbeginn 12 Uhr Mittags, Nachtdienst mit Schlaferlaubnis, Frühdienst bis 9.30, 3 Stunden Pause und dann Nachmittagsdienst bis 20 Uhr. In Ausnahmefällen (z.B. Krankenstand) kann der auch auf drei volle Tage ausgedehnt werden. Solche Dienste bringen natürlich mehr freie Tage, sind aber auch eine enorme Belastung.
Zivildienst als Einstieg
Überlange Dienste (36 Stunden mit 3 Stunden Pause) kommen in fast allen Sozial- und Behinderteneinrichtungen vor. VerteidigerInnen der langen Dienstzeiten gehen von zwei Gesichtspunkten aus: 1. von einem Pädagogischen: „Der häufige Wechsel von Bezungspersonen ist pädagogisch nicht vertretbar“. Bei diesem Argument stellt sich die Frage, wie pädagogisch wertvoll die Arbeit mit einem behinderten Menschen nach 32 Stunden Dienst noch sein kann.
2. Argument: „ Die Beschäftigten wollen solange Dienstzeiten, damit sie dann länger frei haben“. Tatsächlich haben viele BehindertenbetreuerInnen das Gefühl, sich bei längeren Dienstzeiten, und damit auch längeren Ruhezeiten, besser erholen zu können. Ein Gefühl das oft trügt, denn die 11. Stunde am Tag ist einfach wesentlich anstrengender als die z.B. die 6. Entsprechend braucht man/frau dann auch mehr Erholung.
Die Erfahrung zeigt leider, dass Viele über den Zivildienst zur Arbeit im Sozialbereich kommen. Schließlich lässt es sich bei solchen Dienstplänen nebenbei gut studieren. Die Realität sieht aber anders aus: Der „klassische“ Verlauf ist aber mit 35 „ausgebrannt“ und mit dem Studium auch noch nicht fertig zu sein. Denn durch die Unregelmäßigkeit der Dienstpläne entstehen enorme psychische und soziale Belastungen.
Wie kommt es zu solchen Dienstplänen?
Zahlreiche Felexibilisierungsmöglichkeiten bietet die Novelle des Arbeitszeitgesetztes von 1997. Denn wenn „Arbeitsbereitschaft“ vorliegt kann, der Normalar- beitstag auf bis zu 24,5 Stunden ausgedehnt werden. „Arbeitsbereitschaft“ bedeutet aber nur „arbeitsbereit“ zu sein und nicht zu arbeiten. In vielen Sozialeinrichtungen wird aber normal gearbeitet wenn „Arbeitsbereitschaft“ am Dienstplan steht. Dazu kommt noch die Vereinbarung eines Durchrechnungszeitraumes. Damit kann die tägliche Normalarbeitszeit auf 10 Stunden und die wöchentliche Normalarbeitszeit auf 50 Stunden ausgeweitet werden. Einzig diese Überstunden müssen innerhalb des besagten Durchrechnungszeitraumes ausgeglichen werden. Beide Möglichkeiten können nur mit Zustimmung des Betriebsrates eingeführt werden. Viele Betriebsräte stimmen solchen Maßnahmen zu, weil sie sich nicht an die Kampfbereitschaft ihrer KollegenInnen glauben oder weil sie auf das Arbeitskostenargument der Arbeitgeber einsteigen. Einmal ganz abgesehen davon, dass viele vor allem kleinere Einrichtungen mit „illegalen“ Dienstplänen arbeiten. Wenn die Beschäftigten sich wehren (wollen) wird ihnen dann von jenen, die zuwenig Personal einstellen manchmal noch vorgeworfen, dies auf dem Rücken der KlientInnen zu tun. Die Sozialabbauer verlangen totale Opferbereitschaft auf Kosten der ArbeitnehmerInnen.
Die SLP kämpft unter anderem deshalb für einen 6 Stundentag, weil dadurch der/die einzelne ArbeitnehmerIn mehr Macht bei der Dienstplangestaltung bekommt. Dort wo es tatsächlich notwendig ist länger zu arbeiten, soll diese Leistung auch besonders abgegolten werden. Das kostet natürlich Geld. Im achtreichsten Land der Erde, in Österreich, liegt das Vermögen in den Händen einiger weniger. Umverteilung hin zu den Sozialbereichen kann daher nicht „Licht ins Dunkel“ überlassen werden.