Mo 18.12.2023
Während Corona bekamen Handelsunternehmen Milliardenhilfen, gleichzeitig waren die Handelsangestellten einer der ersten, die ihren Job verloren. Und jetzt - nach den fetten Einnahmen als Nachfolge der Corona-Pandemie und den Extraprofiten durch die Teuerung - wollen sie uns einreden, dass sie keinen Spielraum für ordentliche Lohnerhöhungen haben!? Wo sind diese ganzen Staatshilfen und Profite hin? Offensichtlich in die Taschen der Privateigentümer*innen und Aktionär*innen.
Mit einem Einstiegsgehalt von 1.535 Euro netto zählt die Branche zum Niedriglohnsektor, mehr als 60 % arbeiten Teilzeit. Und es ist auch kein Zufall, dass die Löhne in einer Branche mit 71 % Frauen-anteil (im Einzelhandel) und einem Drittel der Beschäftigten mit Migrationshintergrund so niedrig sind. Ein “gutes” Beispiel wie das profitorientierte System von der besonderen Ausbeutung von Frauen und Migrant*innen profitiert. Aufgrund von Kindern, unsicheren Aufenthaltsstatus oder schlechten Jobaussichten sind die Kolleg*innen viel eher gezwungen miese Gehälter und Arbeitsbedingungen zu akzeptieren.
Darüber hinaus sind sie immer wieder sexistischen und rassistischen Übergriffen ausgesetzt. Auch damit muss Schluss sein! Wer Gleichberechtigung will, muss anfangen, für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen im Handel zu kämpfen!
Es kann nicht sein, dass jene Beschäftigte, die so essentiell für die Gesellschaft sind, immer und immer wieder durch die Finger schauen! So zeigen die Kolleg*innen jetzt mit ihrem Streik, dass sie nicht mehr wie “nasse Fetzen” behandelt werden wollen!
Tatsächlich würde alles unter der ursprünglichen Forderung nach 11 Prozent diese katastrophalen Zustände einzementieren. Im Handel zu arbeiten darf nicht länger eine Armutsfalle sein!
Wir sollten die aktuellen Streiks auch nutzen, um einen längerfristigen Kampf für Verbesserungen aufzubauen.
Es braucht auch:
- eine Arbeitszeitverkürzung auf 32 Stunden pro Woche bei vollem Lohn, was Teilzeitbeschäftigten eine massive Lohnerhöhung bringen würde!
- mehr Personal und ein Ende der Doppelbelastung in den Schichten!
- wirksame Maßnahmen gegen sexistische, rassistische und anderweitige Übergriffe, erarbeitet durch Betriebsrät*innen und Beschäftigte und bindend für die Unternehmensleitung!
Für lautstarke Proteste in der Öffentlichkeit!
Jede*r zehnte Erwerbstätige in Österreich ist im Handel beschäftigt, fast eine halbe Million. Eine extrem wichtige Branche, mit der wir alle tagtäglich Kontakt haben. Deshalb ist jede Solidarität mit dem Kampf der Kolleg*innen wichtig! Wir wissen, dass viele Menschen Streiks für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen im Handel unterstützen. Große Aktionen und Demos in der Öffentlichkeit, organisiert durch die Gewerkschaft, könnte diese Solidarität sichtbar auf die Straße bringen. Und gerade in der Vorweihnachtszeit können Streiks - z.B. am 8. Dezember - enorm viel Druck aufbauen.
Für flächendeckende Streiks!
Um einen möglichst kraftvollen Streik durchzuführen und uns gegen Einschüchterungen zu wehren, müssen wir uns organisieren!
Die Gewerkschaft muss jetzt ihre Verantwortung wahrnehmen: Die Kolleg*innen riskieren viel, wenn sie dem Streikaufruf der Gewerkschaft folgen. Druck und Repression von Geschäftsführungen sind teilweise enorm. Betriebsrät*innen werden unter Druck gesetzt und bedroht.
Gleichzeitig tun sich Standorte ohne Betriebsrät*innen oder Kontakt zur Gewerkschaft schwer selbst Streiks zu organisieren. Vielerorts fehlt das Wissen und die Erfahrung wie man sowas macht.
Jetzt brauchen wir eine aktive Gewerkschaft, die durch die Standorte geht, aufklärt, Ängste nimmt, die Beschäftigten unterstützt und hilft die Streiks zu organisieren.
Klar muss sein: Niemand darf negative Konsequenzen wegen ihrer*seiner Beteiligung am Streik haben! Jede*r Kolleg*in wird gegen eventuelle Schikanen verteidigt, bis diese zurückgenommen werden!
Für mehr Druck branchenübergreifend streiken!
Die Gewerkschaft ist im Handel, auch aufgrund seiner Zersplitterung, schlechter organisiert als z.B. bei den Metaller*innen. Auch deshalb brauchen wir die Gewerkschaften: um die “Schwächeren” nicht alleine zu lassen, sondern gemeinsam zu kämpfen, zum Wohle aller! Gemeinsame zeitgleiche Streiks könnten viel mehr Druck erzeugen. Es ist eine verpasste Chance, dass der private Sozialbereich und die Metallindustrie vor dem Handel abgeschlossen haben und kein gemeinsamer Kampf organisiert wurde.
Für einen zweiten Streik - besser und länger vorbereitet!
Diese ad-hoc-Streiks direkt nach gescheiterten Verhandlungen - wie auch in anderen Branchen - machen jede Vorbereitung schwieriger. Genauso wenig Sinn macht es, nur einen Vorgeschmack zu mobilisieren und dann ohne weiteren Kampf einem schlechten Kompromiss zuzustimmen. Ein nächster fix geplanter Streik - z.B. am 8. Dezember - kann unsere ganze Kraft zeigen!