Di 12.03.2019
Arbeiterkammer (AK)- & EU-Wahlen sind sind die ersten bundesweiten Tests für die Regierungspartei FPÖ. Die Auflösung ihrer Tiroler AK-Fraktion als Reaktion auf die Einführung des 12-Stunden-Tages zeigt die Enttäuschung von Arbeiter*innen, die der sozialen Rhetorik der FPÖ geglaubt hatten: Kürzungen bei AUVA, Krankenkassen, AMS, Mindestsicherung, Notstandshilfe, Senkung von Unternehmenssteuern in Form von Lohnnebenkosten,… machen deutlich: Die FPÖ ist keine Arbeiter*innenpartei.
Trotzdem halten ihre aktuellen Umfrageergebnisse (für Nationalrats- & EU-Wahl) im Vergleich zu den letzten Wahlen das Niveau. Vor Allem, weil es keine Partei gibt, die als politische Alternative wahrgenommen wird. Umfragen zeigen: Der Großteil der ÖVP- & FPÖ-Wähler*innen vertraut diesen Parteien nicht. Aber warum sollte jemand Rendi-Wagner wählen? Dass die SPÖ heute eine völlig angepasste bürgerliche Partei ist, hat der FPÖ die Chance gegeben, sich als ungeschliffene Protestpartei mit sozialer Rhetorik zu geben. Auch in der Regierung versucht sie, ihr Anti-Establishment-Image so weit aufrecht zu erhalten, wie es dem Kapital nicht weh tut. Der Zusatz „sozial“ musste aus dem Heimatpartei-Slogan allerdings entfernt werden.
Unabhängigkeit der Justiz, Menschenrechtskonventionen oder Medienfreiheit (in dem beschränktem Ausmaß, in dem sie existieren) in Frage stellen oder versuchen, EU und UNO weiter nach rechts zu drücken oder zu ignorieren, stört das Kapital kaum. So kann die FPÖ auch von der Regierungsbank aus von der Krise und dem Vertrauensverlust dieser Institutionen der bürgerlichen Demokratie profitieren. Denn: Es gibt keine Arbeiter*innenpartei, die eine wirkliche Alternative zum bürgerlichen Sumpf anbietet. Die ist allerdings nötig, um die Politik der FPÖ (egal, von welchen Parteien sie umgesetzt wird) zu bekämpfen. Der ÖGB nimmt die Verantwortung, Schritte in diese Richtung zu beginnen, nicht wahr. Er versucht stattdessen, als SPÖ-Anhängsel die verwesende Sozialpartnerschaft zu reanimieren und will Teil des Establishments bleiben.
Was braucht eine Arbeiter*innenpartei?
Wer im Nationalrat 14x €8.930 einsteckt, spürt nichts von Preiserhöhungen bei Wohnen & Verkehr, leistet sich private Zusatzverischerungen, finanziert der Familie private Bildung und hat mit den Problemen von „Normalos“ nichts zu tun. Funktionär*innen sollten nie mehr verdienen, als die Leute, die sie vertreten: Ein durchschnittlicher Facharbeiter*innenlohn muss reichen.
Arbeiter*innenparteien sind lebendige Strukturen und in der Klasse verankert. Grundsätze, Programm und Kampagnen werden von der Basis bei Aktivist*innentreffen, Konferenzen und Veranstaltungen diskutiert, beschlossen und umgesetzt. Funktionär*innen müssen rechenschaftspflichtig und jederzeit abwählbar sein. So wird sichergestellt, dass demokratische Beschlüsse nicht „von oben“ gekippt werden können.
Frühere große Arbeiter*innenparteien sind an der Logik des „kleineren Übels“ gescheitert: Um „schlimmeres zu verhindern“ werden Koalitionen mit dem Bürgertum eingegangen, Kürzungen, Rassismus,… mitgetragen, der Kapitalismus nur verwaltet. Diese Parteien wurden Teil des Establishments und sind kein Werkzeug mehr im Kampf gegen den Kapitalismus. Ein unabhängiges Klassenprogramm ist also essentiell.
Die wahre Macht liegt in den Betrieben. Kapitalismus lässt sich nicht abwählen. Selbst eine linke Mehrheit im Parlament wird mit Sabotage durch das Bürgertum bis hin zum Putschversuch konfrontiert sein. Eine Arbeiter*innenpartei kann die Institutionen der bürgerlichen Demokratie nützen, soweit es geht – aber immer mit dem Ziel, so die entscheidenden Bewegungen in Betrieben und auf der Straße zu stärken.