Die Realität der Steuerpolitik

Das Geld dort holen, wo es wirklich ist!
David Mum

Die Bundesregierung hat sich gegenüber der EU verpflichtet bis 2002 das Budgetdefizit auf 1,4% des BIP zu reduzieren. Jetzt will sie um zumindest irgendwo als Musterschüler zu gelten, bis 2002 ein Nulldefizit erreichen. Ein Ziel, das zwar absolut nicht notwendig ist, aber trotzdem seltsamerweise von fast niemandem in Frage gestellt wird. Dabei ist ganz klar, dass binnen 2 Jahren “auf Null zu gehen” eine neue Welle an Belastungen bedeutet. Selbstredend, dass wieder ArbeitnehmerInnen, Arbeitslose und “sozial Schwache” zur Kasse gebeten werden.
Die entscheidende Frage bei der Budgetkonsolidierung ist nicht, wann ist Österreichs Budget ausgeglichen, d.h. ab wann macht der Staat keine neuen Schulden mehr, sondern bei wem wird gespart, wer wird belastet und bei wem werden die Abgaben erhöht. Den Medien und Aussagen diverser Spitzenpolitiker der letzten Wochen zufolge, überlegt die Regierung auch bei den Reichen und dem Kapital den Rotstift anzusetzen. Glaubt aber wirklich irgendwer, dass sich ausgerechnet eine Rechtsregierung das Geld bei den Reichen und beim Kapital holt, nachdem sozialdemokratische Finanzminister jahrelang Steuererleichterungen durchgesetzt haben?
In den letzten Jahren war folgende Entwicklung zu beobachten: Die Gewinne stiegen viel stärker als die Löhne. So sank der Anteil der Löhne und Gehälter am Volkseinkommen von 70,8% 1993 auf 66,4% 1997. Die Lohnsteuern stiegen von 1992 bis 1999 um 49% von 134,2 auf 203 Mrd. Schilling, die Gewinnsteuern nur um 6% - also von 88,3 Mrd. auf 90,7 Mrd.

Wo bleiben Steuererhöhungen für Unternehmer, Spekulanten und Milliardäre?

Die Besteuerung der Gewinne liegt in Österreich nicht über, sondern weit unter dem EU-Durchschnitt. Die tatsächlich von den Kapitalgesellschaften zu bezahlenden Gewinnsteuern lagen im EU-Schnitt bei 26,86% und sind in Österreich mit 17,67% um zehn Prozentpunkte niedriger. Bezogen auf deren Anteil am gesamten Abgabenaufkommen betrugen sie in Österreich 1996 4,7% und im EU-Schnitt 7,5%. Gemessen an deren Anteil am BIP war die Differenz noch gravierender: 2,1% in Österreich im Vergleich zu 4% in der Gesamtunion. Nicht umsonst haben alle Länder der EU, die einen Budgetüberschuss aufweisen, eine höhere Gewinnbesteuerung. Mit der Gewinnsteuerquote Finnlands z.B. hätte Österreich ein Defizit von Null oder mit jener der Niederlande sogar einen Überschuss von knapp 17 Mrd.

Steuerprivilegien für die Stiftungen gehören weg!

In Österreich bestehen Geldvermögen von 4.000 bis 6.000 Milliarden(!). Trotzdem werden Vermögen, seit der Abschaffung der Vermögenssteuer, kaum noch besteuert. Österreich ist bei der Vermögensbesteuerung Schlusslicht in der EU und der OECD. Bei uns machen diese Steuern nur 1,3% aller Abgaben aus, im EU-Schnitt sind es 4,5%. Sogar in Ländern wie den USA, Japan, Südkorea, Britannien und Kanada tragen die Vermögenssteuern hingegen mehr als zehn Prozent zum Abgabenvolumen bei!
Die wenigsten Steuern bezogen auf das Einkommen müssen aber die tatsächlich Reichen berappen. Wie ist das möglich? Mit dem Stiftungsrecht. So konnte Billa an Rewe um 15 Mrd. verkauft werden, ohne dass nennenswerte Steuern anfielen. Der Standard vom am 13.12.1999 schrieb diesbezüglich über Österreich: „Ein Steuerparadies für Betuchte“. Alleine durch eine Änderung bei der Stiftungsbesteuerung wären Einnahmen von 10 Mrd. möglich. Das ist mehr Geld, als die geplanten Kürzungen im Sozialbereich!

Entstaatlichung ist Verteilungspolitik nach oben!

Das Ziel der Regierung sowohl das Defizit als auch die Steuerquote zu reduzieren, lässt sich nur durch einen gigantischen Rückbau des Staates und Privatisierungen erreichen. Viele Dinge die heute noch allgemein zugänglich sind, wird es dann nur noch für die geben, die es sich privat leisten können. Nur ein Beispiel dafür ist der freie Hochschulzugang. Der Staat vernichtet ja keine Ressourcen, denn die eingehobenen Mittel werden wieder der Gesellschaft zur Verfügung gestellt. So wird es ermöglicht, Leistungen unabhängig vom Einkommen zur Verfügung zu stellen; wie etwa ein umfassendes Gesundheits- und Bildungssystem mit freiem Zugang, Verkehrswegen oder einem öffentlichen Pensionssystem. Mehr privat weniger Staat heißt einzig und alleine, dass für all das künftig nicht mehr mittels Steuern, sondern direkt bezahlt werden muss: Studiengebühren, Selbstbehalte, Autobahnmauten oder höhere Tarifen für die öffentlichen Verkehrsmittel.
Wirklich aufregend ist in Österreich nicht die Verschuldung, sondern dass die Reichen reicher wurden und dafür auch noch “steuerschonend” behandelt werden. Daher: Besteuerung der Spekulanten, Weg mit den Steuerprivilegien für Milliardäre und Erhöhung der Gewinnsteuern statt Sozialabbau und einem weiteren Belastungspaket, das sich das Geld bei den ArbeitnehmerInnen holt!

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