Das Kommunistische Manifest

Älter als 150 Jahre - und trotzdem aktuell
Pia Abel

„Die Kommunisten sind also der entschiedenste immer weitertreibende Teil der Arbeiterparteien aller Länder“ (Marx/Engels: Manifest der kommunistischen Partei). Als aus dem „Bund der Gerechten“ 1847 der „Bund der Kommunisten“ hervorging, stellte sich die Frage nach einem Programm. So wurden Marx und Engels im November auf einem in London abgehaltenen Kongress mit der Abfassung eines, für die Öffentlichkeit bestimmten, theoretischen und praktischen Parteiprogramms beauftragt. Das Ergebnis war das Manifest, das wenige Wochen vor der Pariser Februarrevolution 1848 nach London zum Druck wanderte.

Die Klassengesellschaft

Das Manifest beschreibt die Geschichte der Menschheit als Geschichte sozialer Auseinandersetzungen – den Klassenkämpfen. Mit Proletariat und Bourgeoisie waren zwei Klassen entstanden, die sich künftig unvereinbar gegenüberstehen sollten. Auf der einen Seite die Bourgeoisie, die durch den „Ankauf“ und Ausbeutung der Ware Arbeitskraft, ihren Reichtum vermehrt. Und auf der anderen das Proletariat, dass in Lohnkonkurrenz untereinander und Abhängigkeit dieser seine Arbeitskraft verkaufen muss.
Um selbst an die Macht zu kommen, braucht auch die Bourgeoisie revolutionäre Elemente. Sie entklerikalisiert, proklamiert die formale Gleichheit aller Menschen, schafft eine einheitliche Produktionssphäre und den modernen Nationalstaat. Kurz: Sie muss Bedingungen schaffen, die die Ordnung der Gesellschaft nach kapitalistischen Merkmalen erlaubt. Dazu braucht sie ArbeiterInnen, die nicht mehr, wie im Feudalismus die Bauern und Landarbeiter, an Grund und Boden gefesselt sind. Im Gegensatz aber zur Bourgeoisie, sind die ArbeiterInnen auch nicht an den Nationalstaat gebunden. Ihr grundlegendes Interesse ist die Überwindung des Nationalstaates und Kapitalismus in der „freien Assoziation der Produzenten“.

Revolutionäre Rolle

„Aber die Bourgoisie hat nicht nur die Waffen geschmiedet, die ihr den Tod bringen; sie hat auch die Männer gezeugt, die diese Waffen führen werden“. Marx und Engels waren nicht die Ersten, die die Teilung der Gesellschaft in Klassen erkannten. Ihr historisches Verdienst liegt in der Erkenntnis der Notwenigkeit der Organisierung der ArbeiterInnen als geschichtliche Subjekte, die in den historischen Prozess eingreifen können. Das setzte die Erkenntnis voraus, dass das bürgerliche Eigentum nicht nur vom Proletariat erarbeitet wird, sondern auch nur von diesem überwunden werden kann. Die Bourgeoisie hat gleichsam ihre eigenen Totengräber geschaffen, indem sie das Proletariat hervorgebracht hat.
Dabei war nicht nur wichtig, Geschichte zu analysieren und Prognosen anzustellen. Der Schlüssel der zukünftigen Entwicklung lag vor allem in der gemeinsamen Aktion, organisiert durch ein Programm mit den wesentlichen Zielen. Das Manifest war Teil des Versuches in organisierter Form für die Interessen der ArbeiterInnen entschlossen zu kämpfen. Und somit denen die Macht in die Hände zu geben, die einzig in der Lage sind, die Gesellschaft auf gleichberechtigter, solidarischer Basis zu organisieren.
Dass dies nicht mit Appellen machbar ist und auch nicht durch Reformen allein, die an Krisen und den Fesseln des Kapitalismus nichts verändern, gilt heute ebenso wie zu Zeiten von Marx und Engels. „Ihr entsetzt euch darüber, dass wir das Privateigentum aufheben wollen. Aber in eurer bestehenden Gesellschaft ist das Privateigentum für neun Zehntel der Gesellschaft aufgehoben; es existiert gerade dadurch, dass es für neun Zehntel der Gesellschaft nicht existiert“
Die sozialistische Umgestaltung ist vom Kräfteverhältnis in der Gesellschaft, aber auch von der Formulierung gemeinsamer Ziele, sprich dem Programm, abhängig. Damit notwendig verbunden ist die Frage nach der Staatsmacht, und damit die Eigentumsfrage. Das kommunistische Manifest zeigt nicht nur die Notwendigkeit, sich diesen elementaren Fragen konsequent zu stellen. Es zeigt auch die Möglichkeiten den Kapitalismus zu stürzen und eine sozialistische Gesellschaft zu erkämpfen. Insgesamt, aber gerade in seiner Betonung des Internationalismus ist das Manifest ein topaktuelles Werk. In diesem Sinne gilt gestern wie heute: „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“