Als die Globalisierung nach Östereich kam...

5 Jahre Semperit
Michael Gehmacher

Im Semperitwerk Traiskirchen stehen wieder Kündigungen an. Doch im Gegensatz zu 1996 fehlt der öffentliche Aufschrei. Über 4000 Beschäftigte hatte Semperit vor seiner “Privatisierung” und dem Verkauf an den Reifenmulti Continental. Heute sind es gerade noch 1740 - Tendenz weiter fallend.

In Traiskirchen soll die LKW-Reifenproduktion um 110.000 auf 739.000 und die PKW-Reifenproduktion um 200.000 auf 3,3 Mio Stück gesenkt werden. Von den 1740 Beschäftigten sollen vorerst „nur“ 350 gehen. Damit geht die scheibenweise Demontage des Werkes weiter.

Ein Rückblick

1993 wurde die Entwicklungs- und Forschungs-Abteilung in die Konzern-zentrale nach Hannover verlegt. Eine große Betriebsversammlung wurde von Vranitzky, Verzetnitsch und LH Pröll unter tatkräftiger Mithilfe des Betriebsrates, zu einer Jubelveranstaltung für den kommenden EU-Beitritt Österreichs umgewandelt. 1996 kam dann das böse Erwachen: über 1000 der 2000 Arbeits-plätze wurden von Continental in Frage gestellt. Gehen mußten schließlich 500.
Die öffentliche Entrüstung war groß. Regierung, Kronenzeitung und ÖGB “mobilisierten” gegen die Konzernleitung. Die großspurige Ankündigung des damaligen LH-Stellv. und ÖGB Chefs von NÖ, Ernst Höger, sich „an die für den Abtransport vorgesehen Maschinen zu ketten“ blieb allerdings aus. Der Betriebsrat initiierte eine Unterschriftenaktion und das „überpatrteiliche Komitee rettet die Südbahnregion“ organisierte eine große Kundgebung vor dem Werkstor. Auch damals war der ÖGB froh, dass „nur“ 500 gehen mußten. Continental hatte zuvor ein Reifenwerk in Tschechien gekauft und mit einer größeren Demontage des Werks gedroht.

Schlagwort: Globalisierung

Die öffentliche Debatte war auch deshalb so groß, weil in Österreich gerade die Globalisierungsdebatte entbrannte. Das Buch „Globalisierungsfalle“ wurde veröffentlicht und erstmals das EU- Parlament gewählt.
Die SPÖ glaubte, durch einen nationalen Aufschrei und einer Vorsprache des  Bundeskanzlers die Konzernführung beeindrucken zu können. Heute, im Zeitalter der Globalisierung, glaubt niemand mehr an ein “Primat der Politik über die Wirtschaft”.
Wer heute öffentlich „Skandal“ schreit, der müßte auch handeln. Das dürfte ein Grund für das jetzige Schweigen von SPÖ und ÖGB sein. Und noch etwas hat das Beispiel Semperit gezeigt: Mit Standortlogik und Sozialpartnerschaft ist kein Weiterkommen mehr. Unsere Antwort auf die Globalisierung muss daher die Globalisierung des Widerstandes sein. Ob in Seattle, Salzburg oder bei Semperit Traiskirchen - Widerstand International!

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