AfD im Bundestag – was tun?!

Widerstand auf der Straße und inhaltliche Alternative nötig
Von Dorit Hollasky, Dresden und Sascha Stanicic, Berlin (Mitglieder der SAV der deutschen Schwesterorganisation der SLP)

Einige hatten die Hoffnung, dass die AfD nach dem Austritt von Frauke Petry geschwächt würde, doch in den Meinungsumfragen hat die Unterstützung für die Rechtspopulisten bisher nicht nachgelassen.

Vieles spricht dafür, dass die AfD zwar kein stabiles, aber doch ein mittelfristig bleibendes politisches Phänomen ist. Die jüngsten Entwicklungen stärken den rechtsextremen Flügel der Partei.

Ursachen für AfD-Erfolge

Ein Blick auf die Zusammensetzung der AfD-WählerInnen ist interessant. Zwar hat es eine Verschiebung der Wählerbasis hin zu ärmeren Schichten und Erwerbslosen gegeben, aber fünfzig Prozent der AfD-WählerInnen sind vollzeitbeschäftigt, so viele wie in keiner anderen Partei, und nicht wenige Selbständige wählen sie. Allerdings haben auch diese Schichten oftmals große Zukunftssorgen. Auch wenn migranten- und islamfeindliche Einstellungen ein gemeinsamer Nenner der meisten AfD-WählerInnen sind, ist die Motivation diese Rechtspartei zu wählen doch vielfältiger. Protest gegen die etablierten Parteien und Zukunftsängste allgemeiner Art gehören dazu. Letzteres ist berechtigt, wird von der AfD aber in die falsche Richtung geleitet.

Kapitalismus = Unsicherheit

Ganz klar: Der Kapitalismus schafft Unsicherheit. Das Vermögen wird immer ungleicher verteilt, das Rentenniveau sinkt, die prekäre Beschäftigung hat zugenommen. 27,5 Prozent aller ALG II-EmpfängerInnen gehen arbeiten, aber ihr Lohn reicht nicht zum Leben, die Mieten steigen rasant. Es ist nicht überraschend, dass sich Menschen Sorgen machen, wie sie ihr Leben und ihre Wohnung auf Dauer finanzieren sollen. Hinzu kommen Ängste vor Terror und Krieg.

Ist der Osten besonders betroffen?

Auch wenn drei Viertel der Stimmen für die AfD im Westen erzielt wurden, sind ihre Wahlergebnisse in Ostdeutschland prozentual deutlich höher. Das hat etwas damit zu tun, dass die Gefahr des sozialen Abstieges im Osten stärker ist. Aber auch damit, dass sich viele Ostdeutsche zurecht “abgehängt” und von den Versprechen über die “blühenden Landschaften” eines vereinigten Deutschlands verraten fühlen.

Dass DIE LINKE hier für einige keine Alternative (mehr) ist, hängt vor allem mit zwei Dingen zusammen: erstens mit der Erfahrung des Stalinismus – weil die damals erlebten schlechten Erfahrungen auf DIE LINKE übertragen werden. Zweitens mit der Tatsache, dass DIE LINKE (wie zuvor die PDS) nicht zuletzt wegen ihrer Regierungsbeteiligungen auf Landesebene und ihrer auch in den Kommunen angepassten Politik, eher als Teil des Polit-Establishments denn als Oppositions- und Protestkraft gesehen wird.

AfD-Rassismus

Der AfD gelingt es, mit ihrem Rassismus gesellschaftliche Debatten nach rechts zu verschieben. Den Konzern- und Bankeigentümern kommt diese Diskursverschiebung nicht ungelegen, auch wenn sie die AfD als destabilisierenden Faktor mehrheitlich ablehnen. Entsprechend dem Prinzip „Teile und Herrsche“ ist es ihnen lieber, wenn sich Beschäftigte, RentnerInnen, Geflüchtete, Studierende etc. untereinander bekämpfen, als die Schuld bei ihnen und im Kapitalismus zu suchen. Angesichts des enormen gesellschaftlichen Reichtums wird durch die reale Anzahl nach Deutschland fliehender Menschen keine “Kapazitätsgrenze” erreicht. Irland hat zum Beispiel zwischen 2004 und 2015 einen Bevölkerungszuwachs um 15 Prozent von 4,05 Millionen auf 4,65 Millionen “verkraftet”.

Trotzdem erscheinen vielen Menschen die Geflüchteten als KonkurrentInnen um günstigen Wohnraum und Arbeitsplätze. Das sind sie aber nur aufgrund der Verhältnisse in der kapitalistischen Gesellschaft. Niedriglöhne und Wuchermieten wurden jedenfalls nicht von den Geflüchteten erfunden und müssen von allen Betroffenen gemeinsam bekämpft werden. Der Rassismus der AfD verhindert eine solche gemeinsame Gegenwehr, weil er die Betroffenen spaltet und von den wahren Problemen und ihren VerursacherInnen ablenkt.

Was tun?

Eine Bewegung gegen die AfD ist nötig. Proteste gegen AfD-Veranstaltungen, Massendemonstrationen etc. sind ein wichtiges Mittel, um deutlich zu machen: Die AfD ist keine Partei wie jede andere, sondern ein Brandstifter-Verein. Die Verbreitung rassistischer Hetze kann nicht als Teil des demokratischen Diskurses hingenommen werden, weil sie brennende Geflüchtetenunterkünfte und Angriffe auf MigrantInnen und AntifaschistInnen zur direkten Folge hat. Deshalb ist es wichtig, dass am 2. Dezember in Hannover massenhaft gegen den AfD-Bundesparteitag demonstriert wird.

Aber Proteste und Aufklärung über den rassistischen Charakter der AfD werden nicht ausreichen. Nötig ist eine politische Alternative zum Rechtspopulismus, die einen anderen Weg aufzeigt, den Zukunftsängsten und -bedrohungen zu begegnen. Diese kann nur darin bestehen, eine erfolgversprechende Strategie aufzuzeigen, “die da oben” – also die wirklich Verantwortlichen an gesellschaftlichen Missständen, zu bekämpfen. Gelingt dies nicht, werden immer Teile der Bevölkerung in der Nation die Identifikationsgruppe suchen, um nach unten, gegen die Schwächsten der Schwachen, zu treten.

Der LINKEN und auch den Gewerkschaften ist es nicht gelungen, als echte Alternative wahrgenommen und angenommen zu werden. Warum? Sie haben es verpasst, den Sozialabbau zu verhindern bzw. den Kampf dagegen zu organisieren.

Es reicht nicht, an die Güte der Mitmenschen und das Mitgefühl mit den Geflüchteten zu appellieren. Die soziale Frage muss in den Mittelpunkt gestellt werden. Gewerkschaften und DIE LINKE müssen dafür in die Offensive kommen. Sie müssen von sich aus Aktionen anstoßen für wirkliche Verbesserungen, zum Beispiel eine Senkung des Renteneintrittsalters, Rekommunalisierung von Krankenhäusern und Wohnungen, Erhöhung des Mindestlohnes auf zwölf Euro und dafür in den Betrieben, Verwaltungen und Nachbarschaften werben.

Denn das wirksamste Mittel gegen Rassismus ist Solidarität und der gemeinsame Kampf für soziale Verbesserungen.