Streiken für ein besseres Leben!

Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt... Oder warum wir uns das Kampfmittel Streik nicht nehmen lassen dürfen.
Dominik Unter

Überall wird gespart - sei es im Bildungssektor mit der Zentralmatura oder im Sozialbereich mit Millionen-Kürzungen bei Behinderteneinrichtungen. Das Geld reicht nicht, die Mieten sind zu teuer, die Preise und Gebühren zu hoch. Der Lebensstandard in Österreich sinkt immer tiefer, Reallöhne fallen seit Jahren und immer mehr Menschen finden keine Arbeit mehr. Durch die immer längeren Arbeitszeiten werden viele ArbeiterInnen ins Burnout getrieben.

Gerade in Zeiten der Krise reden PolitikerInnen immer wieder von Gürteln, die enger geschnallt werden müssen. Damit sind natürlich nicht die ihren gemeint, sondern die Budget-Gürtel der „normalen“ Menschen. Einem kleinen Häufchen Superreicher stehen Millionen Menschen gegenüber, die ihren hart erarbeiteten Lohn fürs Notwendigste zusammenkratzen müssen. Und die Krise ist nicht vorbei, sondern steht grad vor dem nächsten Eintauchen und damit vor noch aggressiveren Angriffen.

Da zeigt sich auch, dass die Darstellung vom Boot, in dem wir alle gemeinsam sitzen, nicht stimmt. Die Interessen von Unternehmen (längere Arbeitszeit und weniger Lohn) und Beschäftigten (kürzere Arbeitszeit und mehr Lohn) sind nicht gleich, sondern stehen in direktem Widerspruch.

Im Kapitalismus herrscht aufgrund dieses Widerspruches eigentlich permanent Klassenkampf, zur Zeit ist er oft ein einseitiger, es hagelt Angriffe von Regierung und Unternehmen. In Österreich war Streik lange undenkbar, doch seit ein paar Jahren kommt er wieder vor, als Möglichkeit. International und auch in Europa nehmen in den letzten Jahren Streiks in allen verschiedenen Formen zu: kurze, lange und Generalstreiks, wilde und solche mit gewerkschaftlicher Unterstützung, für ein paar Stunden und unbefristete... Von Norwegen bis Italien, von Nord-Irland bis in die Türkei, überall wehren sich die ArbeiterInnen. Wo gestreikt wird, können Angriffe aufgehalten oder zumindest abgeschwächt werden, können sogar Verbesserungen erreicht werden.
Der ÖGB hinkt da noch hinterher. Oft wird zu Kundgebungen aufgerufen, wo jedoch meistens die kämpferische Stimmung der Beschäftigten in SPÖ-Lobhudelei kanalisiert wird, und der ÖGB die „kompromissfähige Zusammenarbeit“ anpreist. Die Sozialpartnerschaft zieht den Gewerkschaften die Zähne, wenn es darum geht, bessere Arbeitsbedingungen, höhere Löhne und mehr Jobs zu erkämpfen. Das können wir uns einfach nicht mehr leisten!

Streiken ist ein wichtiger, wenn nicht der wichtigste Bestandteil im Kampf für soziale Verbesserungen. Volksbegehren können in Schubladen verschwinden, Petitionen und Unterschriftenlisten bauen keinen politischen Druck auf. Jedenfalls nicht genug, um den PolitikerInnen richtig einzuheizen. Um die Superreichen, UnternehmerInnen und ihre Vertretungen in Parlament und Regierung wirklich in die Mangel zu nehmen, müssen wir ihnen das entziehen, was ihren Reichtum schafft - unsere Arbeitskraft! Denn nicht der Chef oder die Managerin schafft die Werte, sondern die ArbeiterInnen und Angestellten. Indem sie ihre Arbeitskraft verweigern, machen sie auf diese Tatsache aufmerksam. Sie setzen den Boykott der Arbeit gemeinsam als Druckmittel ein.

Nein, wir streiken nicht gerne, aber es ist eine der wenigen wirkungsvollen Waffen, die die ArbeiterInnenklasse noch hat. Wir haben lange genug verhandelt, gute Fakten gebracht und versucht, zu überzeugen. Jetzt müssen wir kämpfen. Und dazu brauchen wir kämpferische und demokratische Gewerkschaften, die bereit sind, Streiks zu organisieren und zu führen!

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