Thailand: Proteste beginnen von Neuem

Straßenproteste bedrohen das politische Regime Thailands (vom 17.12.2013)
CWI Belgien

Premierministerin Shinawatra, die Schwester des umstrittenen ehemaligen Premiers Thaksin, musste die Hauptstadt Bangkok verlassen. Schon wieder bedrohen anhaltende Straßenproteste das politische Regime Thailands. All dem zugrunde liegt eine Instabilität, die durch ungleiches Wachstum im ländlichen gegenüber dem städtischen Raum sowie durch die allgemeine Ungleichheit verstärkt wurde. Dieses Problem ist nie wirklich angegangen worden.

Die Festlichkeiten rund um das Thronjubiläum des Königs haben zwar für eine Pause der Proteste gesorgt. Aber genauso, wie dieser Konflikt schon einmal beigelegt schien, ist auch die jetzige Ruhe trügerisch.

Wie fing alles an?

Ende der 1990er Jahre wurde Thailand durch die „Asiatische Krise“ schwer getroffen. Das führte zu einer äußerst unbeliebten Kürzungspolitik durch die traditionellen Machthaber im Land. Die „Demokratische Partei“ steht in Verbindung mit der Armee und dem Königshaus und verteidigt die Interessen der aufkommenden ökonomischen Kräfte in den Städten. Die Spar- und Kürzungspolitik der Partei brachte ihr eine Wahlniederlage ein und schaffte Raum für einen Rechtspopulismus, der vor allem auf dem strukturschwachen Land seine AnhängerInnen fand. Mit den Einsparungen der „Demokratischen Partei“ sind stets die durch Proteste erreichten Zugeständnisse gegenüber der verarmten Bauernschicht wieder zunichte gemacht worden.

Auf dieser Grundlage konnte Thaksin 2001 an die Macht kommen. Er versprach, sich für die Belange der Armen auf dem Land einsetzen zu wollen und machte eine ganze Reihe weiterer Versprechungen. Dabei konnte er übrigens trotz der Tatsache, dass er selbst für einen ausdrücklich prokapitalistischen Kurs steht, auf einen Teil der Linken zählen. Hinzu kommt, dass er nicht davor zurückschreckte, von seinen Amtsbefugnissen Gebrauch zu machen, um seine eigene ökonomische Machtposition auszubauen. In der Phase des Wirtschaftswachstums Anfang dieses Jahrtausends, zu dem es vor allem wegen zunehmender Exporte von Halb-Fertigwaren und Einzelteilen nach China kam, eröffneten sich Möglichkeiten, um der Landbevölkerung begrenzte Zugeständnisse zu machen. Dadurch blieb die Zahl an UnterstützerInnen stabil.

2005 wurde Thaksin mit großen Stimmenanteilen wiedergewählt. Doch die Korruption der herrschenden Clique stieß 2006 auch auf massenhaften Protest. Es kam zu Großkundgebungen mit bis zu 150.000 TeilnehmerInnen. Die unmittelbare Ursache dafür war, dass bekannt wurde, dass die Familie von Thaksin keine Steuern zahlen musste und somit um zwei Milliarden Dollar reicher geworden war. Der massenhafte Protest führte im September 2006 dann zum Staatsstreich durch das Militär.

Thaksin ließ sich davon nicht beeindrucken und mobilisierte seine Basis auf dem Land. Das führte über Jahre hinweg immer wieder zu Konfrontationen und Straßenprotesten, wobei sich Gelb-Hemden (in erster Linie die AnhängerInnen der „Demokratischen Partei“ und Menschen aus den Städten) und Rot-Hemden (Thaksins AnhängerInnen) gegenüberstanden. Die Besetzung des Flughafens von Bangkok wurde angeordnet und es kam mehrfach zu Straßengefechten sowie großen Kundgebungen, bei denen mit Hunderten von Todesopfern besonders repressiv eingegriffen wurde. Der „gelbe Protest“ führte 2008 zum Sturz der Thaksin-nahen Regierung. Und der Massenprotest der „Roten“ bereitete 2010 dem daraufhin amtierenden „gelben“ Regime ein Ende. 2011 wurde die Partei Thaksins erneut gewählt und seine Schwester wurde Premierministerin.

Weshalb nun die erneuten Proteste?

Die weltweite ökonomische Krise schlug sich auch in Thailand nieder und verschärfte die bereits existierenden Gegensätze. Auch die Abkühlung der chinesischen Wirtschaft Chinas hatte Folgen für Thailand. Das führte dazu, dass die wirtschaftliche Lage des Landes verschlechterte. Vor allem die von der Industrie abhängige städtische Bevölkerung ist betroffen. Zusammen mit der anhaltenden Korruption des Regimes gibt es reichlich Gründe, um zu protestieren.

Von daher wäre es falsch, den Protest einfach als neuen Vorstoß der „Demokratischen Partei“ abzutun. Die „Demokratischen Partei“ hat sich zweifellos mit starken Kräften hinter dem Protest aufgereiht, den WortführerInnen geht es aber nicht darum, die städtische Elite und das Militär zurück an die Macht zu bringen. Es ist vielmehr eine Abkehr vom bestehenden Gangster-Kapitalismus festzustellen, der an der Macht und dessen wichtigstes Symbol Thaksin ist.

Den unmittelbaren Anlass für die derzeitigen Proteste lieferte das Gerücht von der möglichen Rückkehr Thaksins nach Thailand, ohne dass er juristisch belangt werden würde. Die ProtestiererInnen sind zur Besetzung von Regierungsgebäuden übergegangen und gingen am 24. November mit 100.000 TeilnehmerInnen auf die Straße. Seitdem ist die Teilnehmerzahl zurückgegangen. Seit Dienstag war sogar die Rede von zahlreichen Annäherungen von Agenten, die die Barrikaden der Polizei abbrechen würden. Die Festlichkeiten rund um das Thronjubiläum des allgemein verehrten Königs am 5. Dezember durchkreuzte den Protest. Noch ist nicht klar, ob die Bewegung nach den Festivitäten zurückkehrt oder ob sie nur kurzfristig wieder aufgeflammt ist, und es erst in den nächsten Jahren wieder zu größeren Konfrontationen kommen wird. Dass es erneut zum Konflikt kommt, steht fest.

Gibt es einen Ausweg aus der politischen Krise?

In den vergangenen Jahren wurde deutlich, dass sowohl der Populismus von Thaksin als auch die neoliberale Politik der „Demokratischen Partei“ keinen Ausweg bietet. Selbst für die eigene Zielgruppe haben sie keine Alternative parat. Unter Thaksin und seiner Schwester ist die Armut auf dem Land weder abgeschafft worden noch überhaupt zurückgegangen. Unter dem Regime der „Demokratischen Partei“ hat sich die Situation einer handvoll Unternehmer verbessert, doch der Mehrheit der städtischen Bevölkerung geht es weiterhin nicht gut.

Für die ArbeiterInnen aus den Städten und die Armen vom Land kommt es darauf an, dass eine neue politische Alternative aufgebaut wird, die in der Lage ist, mit dem Kapitalismus zu brechen. Die Gegenüberstellung von Stadt und Land ist ein Ergebnis der ungleichmäßigen Entwicklung im Kapitalismus. Der Großgrundbesitz mit seinen feudalen Verhältnissen wird in die kapitalistische Wirtschaftsstruktur integriert, die seit den 1980er Jahren eine rasche Industrialisierung durchgemacht hat, wobei die Industrie in den Städten einen enormen Stellenwert bekommen hat, während die Mehrheit immer noch in der Landwirtschaft beschäftigt ist. Unter kapitalistischen Bedingungen werden diese Gegensätze bestehen bleiben.

Es ist eine unabhängige Partei nötig, in der die Arbeiterklasse eine führende Rolle spielen muss, die aber zugleich auch mit den verarmten Bäuerinnen und Bauern, den jungen Menschen und anderen, die unterdrückt werden, verbunden ist. Das wäre die nötige Antwort auf die prokapitalistische Politik und den politischen Opportunismus sowie den rechten Populismus eines Thaksin Shinawatra und seiner Schwester, Yingluck. Grundlage für eine derartige Partei muss der demokratische Sozialismus sein, als Alternative zur Agenda des Kapitalismus. Diese Partei müsste Perspektiven, ein Programm und Taktiken vorantreiben, mit denen der Kampf der Arbeiterklasse, der verarmten Bäuerinnen und Bauern sowie der anderen Unterdrückten erfolgreich geführt werden kann.

Nur so kann effektiv damit Schluss gemacht werden, dass eine Regierung auf die nächste folgt, die allesamt nur die Gewinne und Interessen der Kapitalisten im Blick haben. Nur dann kann eine Regierung der ArbeiterInnen und verarmten Bäuerinnen und Bauern zustande kommen. Solch eine Regierung würde die Großunternehmen und Banken verstaatlichen, um den Bedürfnissen der Bevölkerungsmehrheit demokratisch und planmäßig zu entsprechen. Diese Regierung würde Solidarität aufbauen mit dem Kampf der ArbeiterInnen und verarmten Schichten in der gesamten Region und dem Rest der Welt.

Mehr zum Thema: