Teuerung: von Luftballons und Spiralen

von Sebastian Kugler

Es gibt “Geschenke”, die eigentlich eine Beleidigung sind - etwa die sogenannten “Anti-Teuerungsmaßnahmen” der Regierung. Die Einmalzahlungen sind uns bei der anhaltend hohen Inflation in den Händen zerronnen. Andere Maßnahmen sind höchstens lauwarme Tröpfchen auf dem Asphalt der Sommerhitze und gehen an den eigentlichen Ursachen völlig vorbei. Denn das verteilte Geld soll nur den “Kaufkraftverlust” abfedern - was es kaum tut -, an der Preistreiberei ändert sich dabei gar nichts. Deswegen ist der Jubel von Politik und Medien über die “Abschwächung” der Teuerung heuchlerisch. Mag die offizielle Inflation im Sommer auf 7% “gefallen” sein - das ist noch immer der höchste Wert in Westeuropa. Die Durchschnitts-Inflation der Eurozone ist 5,5%; Griechenland liegt bei 3,5%, Dänemark bei 3,2%, Spanien bei 2,1%.

Noch empörender: Der Mikrowarenkorb - also die Güter, die wir fürs tägliche Leben brauchen - bleibt unverändert bei einer Teuerungsrate von mehr als 10%. Auch die Mieten steigen mit 8% weiterhin höher als die offizielle Inflation.

Mythos Lohn-Preis-Spirale

In Vorbereitung auf die Herbstlohnrunden beginnt nun erwartungsgemäß die Propaganda von der “Lohn-Preis-Spirale”, also das Märchen, dass höhere Löhne die Preise treiben. Im Kapitalismus sind wir alle Warenverkäufer*innen - nur dass die allermeisten eben nichts anderes zu verkaufen haben als ihre Arbeitskraft. Wenn also die Preise aller anderen Waren offenbar steigen müssen, warum nicht auch jener der Ware Arbeitskraft, also die Löhne? In Belgien, wo es eine “gleitende Lohnskala” (automatische Anpassung der Löhne an die Inflation) gibt, liegt die Teuerung bei 1,7%!

Wir sehen: Inflation ist kein Naturgesetz. Die Preise “steigen” nicht einfach wie ein mit Helium gefüllter Luftballon. Sie werden nach oben getrieben - von den Chefetagen aller Produktionszweige, vom Erdöl bis zum Olivenöl -, während die Löhne gedrückt werden sollen. Wie das AK- und ÖGB-nahe Momentum Institut kürzlich nachgewiesen hat, sind es vor allem die Profite, welche die Teuerung in Österreich befeuern. Damit ist auch klar, was wir tatsächlich drücken müssen: Die Profite der Reichen. Doch was wurde aus der pompös beworbenen “Preise runter”-Kampagne von AK und ÖGB? Außer eine Reihe an frommen Wünschen an die Regierung und ein paar Fotos gar nichts. Wir können uns nicht nur viele Alltagsprodukte, sondern auch solche hohlen Image-Kampagnen nicht mehr leisten.

Kämpfen statt betteln

Die österreichische Wirtschaft ist im Sommer gegenüber dem Vorjahr um 0,4% geschrumpft. Besonders betroffen sind Industrie und Baugewerbe. Die Bosse und ihre Parteien werden das (neben der “Lohn-Preis-Spirale”) bei den Herbstlohnrunden - eröffnet von den Metaller*innen - als Argument nehmen, um uns Beschäftigte in Geiselhaft zu nehmen. Die Gewerkschaftsführung wird sich nur zu gern als Geisel nehmen lassen, um nicht kämpfen zu müssen. Damit dürfen sie nicht durchkommen. Gute Argumente reichen nicht, wir müssen jetzt in den Betrieben einen Kampfplan ausarbeiten, um durch konsequente, kämpferische und demokratische Streiks - auch für eine gleitende Lohnskala! - die Angriffe zurückzuschlagen und in die Offensive gegen die Profitinflation zu kommen.

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