Jugendliche kämpfen für ihre mentale Gesundheit!

von Jan Millonig

Wir stecken in einer nie dagewesenen Krise der psychischen Gesundheit, v.a. von Jugendlichen. Nachdem sich das Versagen der Regierung in der Pandemie auf junge Menschen massiv ausgewirkt hatte, finden sie sich jetzt in einer Welt von Klimawandel, Krieg und Inflationskrise wieder. Eine aktuelle Jugendstudie zeigt, dass über 80 % der unter 30-Jährigen sich wegen der genannten Krisen Sorgen um die Zukunft machen.

Die immer schlechtere mentale Verfassung von Jugendlichen hängt also eng mit dem zunehmenden (weltweiten) Versagen des kapitalistischen Systems zusammen. Gleichzeitig schafft es das Gesundheitssystem nach jahrzehntelangem Kaputtsparen immer weniger die psychischen Folgen davon abzufangen. Alleine in Wien bräuchte es 140 Stationsbetten in der Kinder- und Jugendpsychatrie, 66 gibt es... „Wir müssen jede Woche Patienten mit Selbstmordgedanken entlassen“, meinte der Abteilungsleiter im Wiener AKH zum „Falter“.

Die zusätzlichen Mittel (einmalig 20 Millionen für Psychotherapie), Jahre nachdem Expert*innen die drohende Versorgungskrise prophezeiten, sind Peanuts. In den Krankenhäusern fehlt es mittlerweile v.a. an Personal. Um das (wieder) zu gewinnen, braucht es echte Verbesserungen bei Bezahlung und Arbeitsbedingungen.

Um dafür zu kämpfen gründeten Jugendliche in Wien die Initiative „Change for the Youth“ (CFY) und organisierten eine erste Demo am 15.4., wo nicht nur lautstark „mehr Kassenplätze“ (für Therapie), sondern auch „bessere Bezahlung“ (für das Pflegepersonal) gefordert wurden. Sie hatten keine politische Erfahrung, aber genug Erfahrung mit einem kaputten Gesundheitssystem. Der Suizidversuch von Kiana, nachdem sie zweimal bei Psychiatrien vergeblich um Hilfe gebeten hatte, brachte den Stein ins Rollen: „Nachdem wir CFY angefangen haben, waren viele Freund*innen voll “into it” und wollten aktiv werden, da sie eben auch selbst betroffen sind“, erzählt sie uns. Die Entschlossenheit ist beeindruckend, wenn sie erklärt: „Wir sollten nicht noch länger auf ein Wunder warten. Wir verlieren immer mehr Menschen.“

„Es muss jetzt etwas passieren.“

Wie sie auf die Idee einer Demo gekommen sind? “Wir wollten auf die Straßen, um uns endlich Gehör zu verschaffen, damit die Entscheidungsträger*innen, die da oben im System sitzen, checken - wir meinen es ernst.“ Die Forderungen hätten sie gemeinsam in der Gruppe ausführlich besprochen. Nach Überlegungen, wie diese zu erreichen wären, haben sie „diese direkt mit z.B. Forderungen für die Jobs im Gesundheitssystem erweitert“. So kamen auf der Demo, neben den Betroffenen selbst, insgesamt vier Beschäftigte aus dem Bereich zu Wort: eine Ärztin, eine Beschäftigte aus dem Sozialbereich, der Leiter einer Psychiatrie und ein Krankenpfleger. Letzterer ist auch ISA-Aktivist und rief zu einem weiteren Protest am Tag der Pflege (12. Mai) auf, wo wiederum Kiana und andere Aktivist*innen von CFY sprachen. Diese Vernetzung – „denn unserer Bewegung alleine hat nicht die Macht, um das System auszubauen“ – ist ihnen genauso ein Anliegen, wie der ISA, die versucht, die verschieden Basisinitiativen im Gesundheits-, Sozial- und Bildungsbereich zu einem gemeinsamen Kampf zusammen zu führen.

„Einer guten Pflege - steht Profit im Wege!“

Mit diesem Sprechchor machten die Jugendlichen auf der Demo klar, was das Problem ist: In einem System, das Profite vor Menschen stellt, werden nie genug Ressourcen für die Gesundheit aller zur Verfügung stehen.

 

Info:

Österreich: 58 % der Jugendlichen weisen depressive Symptome auf (Herbst 2021). 77.000 Minderjährige denken jeden Tag an Suizid. 2019 waren 66 Minderjährige nach einem Suizidversuch im Krankenhaus, 2021 schon 179!

Mehr zum Thema: 
Erscheint in Zeitungsausgabe: