Zero Covid und Immobilienkrisen

Noah Koinig

Wegen der strengen Zero Covid Politik von Xi Jinping befinden sich im Sommer rund 260 Millionen Menschen im Lockdown. Diese Maßnahme dient einerseits dazu, den Zusammenbruch des Gesundheitssystems zu verhindern, welches nicht in der Lage ist, mit einem “Koexistenz”-Ansatz die Pandemie zu bewältigen, aber ganz zentral ist es eine Maßnahme zur sozialen Kontrolle der Bevölkerung. Menschen werden in ihren Wohnungen eingesperrt und durch eine Art „Gesundheits-Code“ auf dem Handy werden sie bei jedem Schritt innerhalb und außerhalb ihrer Wohnung überwacht. Dies dient ebenso zur Kontrolle und Einschüchterung der Bevölkerung, damit sie nicht protestiert, streikt oder sich generell gegen das Regime organisiert.

Neben der Pandemie befindet sich China auch in der stärksten Wirtschaftskrise seit 30 Jahren, was den Konflikt mit der USA verschärft. Die Folgen sind eine hohe Armutsquote, Jugendarbeitslosigkeit über 20% und auch die lokalen Regierungen sind stark betroffen (Geld für Löhne, Schulen, Gesundheitswesen etc. muss gekürzt werden). Rund 1/3 der größten Unternehmen am Immobilienmarkt sind bankrott und somit können 13 Millionen Wohnungen nicht fertig gebaut werden. In China, wo Häuser bezahlt werden, bevor sie gebaut werden, führte dieser Bankrott dazu, dass Personen hohe Schulden für Hypotheken aufnahmen, aber weder das Haus fertiggestellt wird, noch sie das Geld zurück bekommen. Dies zwang Bürger*innen zu “Hypotheken-Streiks”, wobei sich Zehn- bis teilweise Hunderttausende in 50 verschiedenen Städten als Protest weigerten, ihre Hypotheken zu bezahlen, wie chinaworker.info berichtete. Die fehlende Rückzahlung des Geldes von Hypotheken kann zur Zahlungsunfähigkeit von Banken führen.

Der Unmut ist groß. Vor allem unter Jugendlichen ist die Stimmung gegen die Regierung stark, was sich zunehmend mit “run” und “lie flat” im Internet ausdrückt. Mit “run” wollen sie China verlassen und “lie flat” zeigt die Verweigerung, zur Gesellschaft beizutragen (stressige Jobs, Konsum, Kinder bekommen etc.). Xi Jinping geht gegen die Hypotheken-Proteste mit starker Repression vor - aber diese Unterdrückung wird möglicherweise nicht gelingen.
 

Aufbau eines revolutionären Programms

Auch wenn Medien oft darstellen, dass das chinesische Regime stabil ist und die Bevölkerung passiv wäre, sieht die Realität anders aus. Die Wut steigt, aber die Angst vor der Diktatur bleibt. Alle Streiks und Proteste sind illegal und werden oft brutal niedergeschlagen. Die Proteste der Arbeiter*innen sind kurze wilde Streiks, weil es keine Gewerkschaften gibt, die die Aktionen planen und koordinieren. Der Hypotheken-Streik ist daher eine wichtige Entwicklung, ebenso wie mehrere kleinere Proteste gegen die Zero-Covid-Beschränkungen. Die Politisierung und das Bewusstsein zeigen, dass sich das autoritäre Regime jetzt in einer tiefen Krise befindet. Es ist unmöglich, mehr Demokratie zu erkämpfen, ohne gegen das kapitalistische System und die CCP zu kämpfen. Dafür ist notwendig, dass sich die Arbeiter*innenklasse organisiert, was aber illegal ist. Zum Aufbau sagt ein Aktivist von “Solidarity against repression in China and Hongkong”: „Die höchste Priorität ist es, eine revolutionäre Partei aufzubauen, die die Fähigkeit hat, diese Proteste zu koordinieren und den Weg gegen die Diktatur zu zeigen.“ Das chinesische Proletariat besteht aus 900 Millionen Menschen. Widerstand gegen Diktatur und Ausbeutung kann nur unabhängig von CCP und Kapital gelingen und braucht ein sozialistisches Programm. Dieses muss gegen die Diktatur sein und deren Verantwortung für fehlende Gewerkschaftsrechte und repressive Maßnahmen aufzeigen. Und dieses Programm muss anti-kapitalistisch sein, denn die größten Kapitalist*innen in China sind in der CCP.

 

 

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