Fr 09.12.2011
Der Nahe und Mittlere Osten sind im Umbruch. Die revolutionären Bewegungen verändern die Position Israels in der Region. Mit Mubarak wurde ein treuer Verbündeter gestürzt. Auch in Israel formiert sich eine soziale Bewegung die bis zu einer Million Menschen (bei 7,8 Mio. EinwohnerInnen) auf die Straße brachte. Der Antrag der PalästinenserInnen zur Aufnahme in die UNO bringt die Frage von Israel/Palästina wieder auf die Tagesordnung.
Die österreichische Delegation hat für die Aufnahme Palästinas in die UNESCO gestimmt. So weit ist „Solidarität“ mit den Forderungen der PalästinenserInnen im offiziellen Rahmen scheinbar möglich. Grundsätzlich standen und stehen die österreichischen Regierungen immer treu an der Seite Israels. Dahinter stehen konkrete wirtschaftliche und Machtinteressen. Argumentiert wird mit „historischer Verantwortung“. Gleichzeitig werden Rechtsextreme wie Martin Graf in hohen Ämtern hofiert. Die Millionen Opfer der Shoah werden in zynischer Weise zur Rechtfertigung von Kriegsverbrechen und Unterdrückung missbraucht.
Teile der „Linken“ lehnen den Staat Israel ab. Andere sprechen sich für bedingungslose Solidarität aus. Beiden liegt derselbe Fehler zu Grunde. Vom Staat selbst wird ein eins-zu-eins Rückschluss auf die Bevölkerung gezogen. Die Klassenspaltung und Spannungen innerhalb der israelischen Gesellschaft werden „übersehen“ oder ihre Existenz sogar geleugnet. Die implizite Folge davon ist, die israelische Bevölkerung und die Herrschenden gleichzusetzen und einen homogenen Block herbei zu phantasieren. Beide „Seiten“ sind unfähig oder nicht willens die sozialen Massenproteste in Israel zu analysieren und ernsthaft zu unterstützen. Beide sehen letztlich sowohl die PalästinenserInnen als auch die Israelis als homogene „Nationen“, die es jeweils als eben solche zu unterstützen gilt. Beides sind nur andere Seiten derselben kapitalistischen Medaille. Sie führen zu kruden „Bündnissen“ (mit der israelischen Armee bzw. der Hamas).
Auch die herrschende Elite in Gaza beutet den Wunsch der PalästinenserInnen nach sozialer Gerechtigkeit, Frieden und demokratischen Rechten aus um ihre kapitalistisch-islamistische Agenda durchzusetzen. Gleichzeitig treibt jede Bombe der israelischen Luftwaffe verzweifelte Menschen in die Arme der IslamistInnen.
Historisch hat die ArbeiterInnenbewegung (darunter der größte Teil der jüdischen ArbeiterInnenbewegung) die Gründung eines jüdischen Staates abgelehnt. Der Kapitalismus wurde als Grundlage für das Entstehen von Antisemitismus erkannt. Der Kampf sollte gegen ihn geführt werden anstatt die ArbeiterInnen auf ein „nationales“ Ziel zu orientieren. Der Holocaust und die Suche von JüdInnen nach einem sicheren Land wurde auch von der britischen herrschenden Klasse (die die Grenzen für JüdInnen weitgehend verschloss) genutzt um in Form des neuen Staates Israel einen Brückenkopf in der Region zu sichern. Die Situation stellt sich allerdings heute anders dar, da Israel seit über 60 Jahren ein existenter Staat ist und der größte Teil der israelischen Bevölkerung in Israel geboren ist und ebenso ein Recht darauf hat das Land ihre Heimat zu nennen wie die PalästinenserInnen.
Die israelische herrschende Klasse ist abhängig von der Besetzung der PalästinenserInnengebiete, von Krieg, Unterdrückung und der Ausbeutung der Massen beiderseits der Mauer. Die Eliten von Hamas und Fatah sind nicht bereit den ArbeiterInnen und Armen in den von ihnen kontrollierten Gebieten auch nur die geringsten Zugeständnisse zu machen. Es gilt jene zu organisieren, die Interessen an sozialer Gerechtigkeit und Frieden haben: die ArbeiterInnenklasse und Jugend, und zwar über ethnische und religiöse Grenzen hinweg.
Die SLP hat in Israel/Palästina eine Schwesterorganisation. Vor Ort kämpfen wir für die Einheit der ArbeiterInnenklasse und der Jugend sowohl gegen Besatzung und Unterdrückung als auch gegen die palästinensische und israelisch Führung. Dafür ist eine internationale Kampagne notwendig. Der EU-Abgeordnete der irischen Schwesterpartei der SLP Paul Murphy beteiligte sich gemeinsam mit israelischen und palästinensischen AktivistInnen an der Gaza-Flotte um die Blockade zu brechen. Letztlich wird die Frage allerdings vor Ort entschieden. Die palästinensische und israelische ArbeiterInnenklasse und Jugend kann und wird mit Krieg, Ausbeutung und Besatzung Schluss machen und die jeweiligen „nationalen“ Eliten auf den Misthaufen der Geschichte befördern, ebenso wie deren westliche „FreundInnen“.