Die Suche nach einer Systemalternative

Yasmin Morag

In den letzten Jahren ist die Krise des Kapitalismus eskaliert - die Mehrheit hat sie zu spüren bekommen, angefangen bei alltäglichem Sexismus, Gewalt und Rassismus bis zu einer noch nie dagewesenen Pandemie, der Klimakatastrophe, einem sich anbahnenden imperialistischen Krieg und der Wirtschaftskrise. Eine Umfrage aus 2021 (USA) ergab, dass 54 % der Jugendlichen eine negative Einstellung zum Kapitalismus haben. In Britannien sagten 67 % der Jugendlichen, dass sie gerne in einem sozialistischen System leben würden und 72% befürworten die Verstaatlichung von Schlüsselsektoren. Dieses Gefühl zeigt sich in den diversen Protestbewegungen der Jugend und Arbeiter*innenklasse weltweit. Die tiefe Krise des Systems offenbart vielen die Notwendigkeit eines Wandels. Gleichzeitig fehlt aber oft die Vorstellung, wie eine Alternative aussehen könnte, wie sie erkämpft werden kann und warum und wie es eine Organisierung der Arbeiter*innenklasse dafür braucht. Ein gutes Beispiel ist die Klimabewegung: Millionen erhoben sich unter dem Slogan “System change not climate change”, aber es gibt noch immer wenig Vorstellung davon, wie dieser Systemwandel aussehen könnte und welche Kraft ihn durchsetzen kann. Das führte dazu, dass jetzt ein Teil der Bewegung zunehmend auf NGOs und das grüne Establishment setzt und ein anderer sich auf isolierte direkte Aktionen und Besetzungen konzentriert, die oft die Arbeiter*innenklasse von der Bewegung entfremden. Viele politische Organisationen konzentrieren sich entweder auf kurzfristige Lösungen, ohne einen Weg in die Zukunft zu bieten, oder sie präsentieren abstrakte Slogans für einen weit in der Zukunft liegenden Sozialismus - in einer Art und Weise, die völlig abgekoppelt ist vom Bewusstsein der Menschen und der aktuellen Realität. Um eine wirkliche Chance auf eine grundlegende Veränderung zu organisieren, bedarf es einer Methode, die eine Brücke zwischen beiden schlägt, die die gelebten Erfahrungen der Menschen mit dem Scheitern des kapitalistischen Systems aufgreift und den Weg aufzeigt, wie eine geplante, sozialistische Gesellschaft aussehen könnte und wie wir konkret dafür kämpfen können.

Am Schwerpunkt mitgearbeitet haben Christoph Glanninger, Sarah Moayeri, Stefan Brandl und Yasmin Morag

 

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