Arbeitszeitverkürzung – nur durch Kämpfe erreichbar

von Anna Hiermann

Die letzte Verkürzung der Wochenarbeitszeit fand in Österreich 1975 statt. Außerdem wurde die Errungenschaft des 8-Stunden-Tages durch die Einführung des 12-Stunden-Tages unter der ÖVP-FPÖ Regierung 2018 bereits ausgehöhlt. Aufgrund des harten Berufsalltages vieler Menschen wird diese äußerst wichtige Debatte erneut aufgemacht und kontrovers geführt.

Panik der Herrschenden

Die Interessensvertretung der Unternehmer*innen, die Wirtschaftskammer, reagierte auf die Forderung der Arbeitszeitverkürzung von Seiten der SPÖ bzw. Andreas Bablers äußerst panisch und startet eine breite Propagandakampagne gegen die 32-Stunden-Woche. Unter dem Motto „Mehr arbeiten muss sich mehr auszahlen“ wird vor den angeblich verheerenden Folgen einer geringeren Wochenstundenanzahl gewarnt, beispielsweise vor einem enormen Wohlstandsverlust und einem noch weiter zugespitzten Arbeitskräftemangel im Gesundheits-, Bildungs- und Sozialbereich.  Die Tatsache, dass gewisse Branchen aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen gemieden werden, wird unter den Tisch gekehrt. Ideen, wie diese Bedingungen verbessert werden können, kommen keine. Stattdessen wird u.a. auf die Anwerbung von Arbeitskräften aus dem Ausland gesetzt. Natürlich nicht um den sog. „Arbeitskräftemangel“ zu beseitigen, sondern um Migrant*innen als Lohndrücker*innen zu missbrauchen.

Obwohl der Wahlkampf für die Parlamentswahlen bald starten wird, ist es um die Forderung der 32-Stunden-Woche relativ ruhig geworden. Dabei wäre das eine Möglichkeit für Andreas Babler, den unsozialen Charakter der FPÖ aufzudecken. Dieser Kampf wird aber aktuell von der SPÖ nicht geführt. Das liegt daran, dass Babler den offenen Konflikt mit Institutionen wie der Wirtschaftskammer meidet - und auch mit deren Freunden in der SPÖ. Dabei wäre eine offensive Kampagne für Arbeitszeitverkürzung eine Chance, die FPÖ bei den Wahlen zurückzudrängen: Es würde sie zwingen, ihre soziale Rhetorik abzulegen und sich als Unternehmerpartei zu enttarnen.

Arbeitskämpfe

Eine Verkürzung der Arbeitszeit wird uns nicht einfach geschenkt werden. Die Kampagne der WKO und die Einführung des 12-Stunden-Tages 2018, zeigen, dass die Unternehmen eine Erhöhung der momentanen Wochenarbeitszeit anstreben. Die Gewerkschaften und die Arbeiterkammer hingegen sind zu zögerlich in der Umsetzung einer Arbeitszeitverkürzung. Im SWÖ Vertrag beispielsweise ist die Normalarbeitszeit auf 37 Stunden pro Woche festgelegt. Diese geringfügige Verringerung bedeutet jedoch nicht, dass die Arbeitsbelastung geringer wird – im Gegenteil. In der Praxis führt dies zu einer Arbeitszeitverdichtung und somit zu einer noch höheren Arbeitsbelastung. Deshalb muss die Arbeitszeit in einem Zug verkürzt werden, anstatt schrittweise. Parallel dazu müssen zusätzliche Mitarbeiter*innen eingestellt werden, um eine Arbeitsverdichtung zu verhindern. Natürlich darf es auch keine Abstriche beim Lohn geben. Erkämpfen werden wir uns diese Forderungen jedoch nur mit flächendeckenden und branchenübergreifenden Streiks. Der Gegenwind seitens der Herrschenden wird nämlich groß sein.

Info:

Für die Gleichstellung der Geschlechter und eine gerechte Aufteilung der Care-Arbeit ist eine Verkürzung der Arbeitszeit unumgänglich. Zahlreiche Frauen arbeiten Teilzeit, oftmals aufgrund von Kindererziehung. Arbeiten beide Partner, z. B. 30 Stunden bei vollem Lohnausgleich, sind Frauen nicht mehr von ihren Partnern finanziell abhängig.  Außerdem wird es so für Familien insgesamt einfacher, sich ihren Kindern zu widmen. 

 

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