Marxismus und Politische Ökonomie – eine Einführung

Sonja Grusch

Das Erdbeben in Pakistan/Kaschmir im Herbst 2005 wird nach Schätzungen über 150.000 Menschen das Leben kosten. Es ist viel zuwenig Geld für Hilfe da. Sie wird zu spät zugesagt und die Frage ist, wie viel davon wird bezahlt (in der Vergangenheit wurde immer nur ein Bruchteil der versprochenen Gelder bezahlt)?

Die USA haben gerade einmal 50 Millionen versprochen (wie viel davon wird bezahlt?). Gleichzeitig haben die USA allein in Afghanistan über 66 Mrd. Dollar für militärische Zwecke ausgegeben. Hunderte Hubschrauber sind im Kriegseinsatz in Afghanistan und im Irak – auch diese werden nicht für humanitäre Hilfe eingesetzt, obwohl in den meisten vom Erdbeben betroffenen Gebieten Hilfe nur mittels Hubschrauber gebracht werden kann.

Die ersten Gebäude die eingestürzt sind waren oft die Schulen – weil die Regierung den neoliberalen Doktrin folgend bei den öffentlichen Ausgaben gekürzt hat. 

Dieses Beispiel zeigt auf, dass es im Kapitalismus (oder wie er eine Zeitlang beschönigend genannt wurde, in der Marktwirtschaft) nicht um Menschlichkeit, nicht um menschliche Bedürfnisse geht, sondern nur um Profite.

Im Kapitalismus wird alles zur Ware – Umweltschutz oder auch Umweltverschmutzung (Handel mit Verschmutzungsrechten), Krieg, Sex und menschliche Bedürfnisse an sich.

Diese Tatsache haben Marx und Engels erkannt.

Marx und Engels haben erkannt, dass im Kapitalismus alles zur Ware wird und den Profitinteressen untergeordnet wird.

Zu den Lebzeiten von Marx & Engels war die Situation der ArbeiterInnenklasse katastrophal (Engels hat darüber in seinem Werk „Die Lage der arbeitenden Klasse in England“ berichtet). Die Situation war hatte gewisse Ähnlichkeiten mit der heutigen Situation in diversen asiatischen Sonderwirtschaftszonen (bis 16 Stunden-Tag, Kinderarbeit, keine Gewerkschaftsrechte, völlige Rechtlosigkeit der Beschäftigten...).

Zum Umgang mit dieser Situation gab es verschiedene Ansätze:

Manche meinten, das wäre notwendig so, um die „dummen“ ArbeiterInnen daran zu hindern, ein lasterhaftes Leben zu führen – das waren v.a. VertreterInnen der herrschenden Klasse

Aber viele waren schockiert über diese Zustände und wollten mit Wohlfahrt, kirchlicher und privater, helfen.

Es gab aber auch aus der ArbeiterInnenklasse Versuche, sich dagegen zu wehren, bekannte Beispiele sind die Maschinenstürmer, verzweifelte ArbeiterInnen, die meinten, wenn sie die Maschinen zerstören, die ihnen scheinbar die Arbeit wegnehmen, könne der Prozess aufgehalten werden, aber auch den Aufstand der schlesischen Weber.

Die ökonomische Theorie von Marx & Engels ist nur Teil eines umfassenden Geschichtsverständnisses.  Sie machten keine Trennung von Philosophie und Ökonomie.

Marx & Engels haben versucht, sich wissenschaftlich mit der Situation der ArbeiterInnenklasse auseinander zu setzen – wobei wir nie vergessen dürfen, dass M&E nicht nur Wissenschaftler im Elfenbeinturm waren, sondern immer auch politische Aktivisten, die sich an Revolutionen (z.b. 1848) und der Organisierung der ArbeiterInnenklasse (in der 1. Internationale) auch aktiv beteiligt haben.

„Der Marxismus ist vor allem eine Methode der Analyse – nicht der Analyse von Texten, sondern der Analyse sozialer Beziehungen.“

 (Trotzki, Ergebnisse und Perspektiven 1906)

D.h. sie haben klar Stellung bezogen und haben ihre Arbeit auch immer als Aufruf zur Aktivität verstanden. Marx und Engels waren nie „objektiv“, sondern haben immer politisch Seite bezogen – wie auch die bürgerlichen Ökonomen, nur haben die das nie zugegeben, sondern in ihren Theorien versucht, die existierenden Ungerechtigkeiten zu rechtfertigen – und als „natürlich“, „gottgegeben“ darzustellen.

Marxismus ist eine Wissenschaft und kein Dogma.

Im folgenden ein kurzer Überblick über die Quellen und Bestandteile des Marxismus:

Lenin spricht von 3 Quellen und 3 Bestandteilen des Marxismus:

3 Quellen des Marxismus:

  • die klassische deutsche Philosophie
  • die klassische englische politische Ökonomie
  • die französischen SozialistInnen

3 Bestandteile des Marxismus:

  • Dialektischer Materialismus: Ereignisse und Zustände in ihrer Bewegung und Veränderung zu betrachten
  • Historischer Materialismus: Anwendung der Dialektik auf die Geschichte, d.h. Geschichte ist nicht die Geschichte großer Männer und auch nicht gottgegeben, sondern hängt von der Entwicklung der Produktivkräfte („technischer Fortschritt“) ab und das bestimmt die Form und Organisation des menschlichen Zusammenlebens, Verteilung und Produktion der Güter. Die Geschichte ist eine Geschichte von Kriegen, Klassenkämpfen und Revolutionen.
  • Politische Ökonomie: wie funktioniert die Wirtschaft, viele Erkenntnisse und auch Begriffe heute allgegenwärtig (z.b. Mehrwertsteuer)

Politische Ökonomie:

Es geht nicht um die stalinistische Vergewaltigung des Marxismus in den stalinistischen Staaten. Dort war zwar der Kapitalismus abgeschafft – aber es war kein Sozialismus. Im Gegenteil – es war die Herrschaft einer kleinen Partei- und Staatsbürokratie, die ihre Macht auch mit brutalsten Mitteln verteidigt hat.

Im Folgenden geht es um marxistische Grundbegriffe und Erklärungen im Sinne von Marx und Engels, die auch nachher von MarxistInnen wie z.b. Lenin oder Trotzki, angewendet und weiterentwickelt wurden.

Marx schreibt, das die Geschichte die Geschichte von Klassenkämpfen ist.

Es gab in der Geschichte verschiedene Klassengesellschaften mit Ausgebeuteten und Ausbeutern: Sklavenhaltergesellschaft, Feudalismus, Kapitalismus. Im Kapitalismus sind die Hauptklassen: ArbeiterInnenklasse und kapitalistische Klasse

Die ArbeiterInnenklasse und die kapitalistische Klasse haben verschiedene Interessen (die kapitalistische Klasse will, dass die ArbeiterInnen möglichst lang für möglichst wenig Lohn arbeiten, die ArbeiterInnen wollen genau das Gegenteil). Es gibt daher auch im Kapitalismus keinen „pareto-effizienten“ Tausch - also keinen Tausch, von dem beide Seiten profitieren. 

Was ist die ArbeiterInnenklasse?

Per Definition ist einE ArbeiterIn jemand, der nichts zu verkaufen als seine/ihre Arbeitskraft:

Es geht nicht um die „romantisch“ Vorstellung eines schwitzenden Stahlarbeiters. Die meisten Menschen kommen aus der ArbeiterInnenklasse:  Unsere Eltern müssen arbeiten gehen, müssen ihre Arbeitskraft in einem mehr oder weniger angenehmen Job verkaufen (in einem Industriebetrieb, in einem Dienstleistungsbetrieb, als öffentlich BediensteteR...). Viele von uns selbst müssen arbeiten gehen (das gilt – nicht zuletzt dank Studiengebühren – auch für Studierende). Und auch wenn gerade Jugendliche oft arbeitsrechtlich keine Jobs als „ArbeiterIn“ oder „AngestellteR“ haben, sondern freie DienstnehmerInnen oder andere Scheinselbstständige sind, haben sie auch hier nichts zu verkaufen als ihre Arbeitskraft.

Dem Industrieproletariat kommt eine vorrangige Stellung im Vergleich zur übrigen ArbeiterInnenklasse zu, weil er/sie der/die einzige ist, der/die neue Werte schafft und nicht nur „verteilt“, managen, versichert etc.

Auch wenn nicht jedem/r ArbeiterIn bewusst (u.a. durch die Trennung in ArbeiterInnen-Angestellte) dass er/sie Teil der ArbeiterInnenklasse ist, ändert das nichts an der Tatsache. Praktisch sieht man das u.a. daran, dass sich immer wieder – völlig unabhängig von politisch bewussten Gruppen – ArbeiterInnen zu gewerkschaftlichen Vereinigungen zusammenschließen, etwas was ihnen durch den Druck des Kapitalismus aufgezwungen wird. Selbst wenn sie sich nicht als „ProletarierInnen“ verstehen zwingt sie der Kapitalismus dazu als „ProletarierInnen“ zu handeln.

Der/Die ArbeiterIn hat nichts zu verkauen als seine/ihre Arbeitskraft.

Ware:

Marx beginnt seine Analyse bei der Ware und beschäftigt sich damit im ersten Abschnitt des „Kapitals“. Menschen haben immer schon Dinge hergestellt, die sie zum Leben brauchen, Essen, Kleidung, Werkzeug, etc.

Mit Aufkommen der Arbeitsteilung und Spezialisierung jedoch produzierten sie diesen Dinge nicht mehr nur für sich, selbst, sondern tauschen sie untereinander aus.

Die jeweilige Gesellschaftsform hängt von der Entwicklung der Produktivkräfte abhängt („technischer Fortschritt“). Erst als die Fähigkeiten weit genug entwickelt waren, um gemeinsam mehr zu erzeugen, als unmittelbar zum Überleben gebraucht wird (Marx nennt das ein „gesellschaftliches Mehrprodukt“) wurde Arbeitsteilung möglich. Und erst in Folge davon entstanden Hierarchien, StammesführerInnen aus denen dann Könige und StaatsführerInnen wurden und SchamanInnen aus denen dann ReligionsvertreterInnen wurden – eine Elite die von der gemeinsamen Arbeit zum unmittelbaren Erhalt der Sippe/Gesellschaft befreit waren.

Die Ware hat einen doppelten Charakter: sie hat einen Gebrauchswert (ein Schuh ohne Sohle wäre eher sinnlos) und einen Tauschwert (d.h. die Ware kann gegen andere Produkte ausgetauscht werden).

Jede Ware hat einen Tausch- und einen Gebrauchswert.

Heute leben wir in einer kapitalistischen Warenproduktion. Der Unterschied zur einfachen Warenproduktion ist, dass in der einfachen Warenproduktion der Produzent auch Eigentümer der Produktionsmittel (Rohstoffe, Maschinen...) und der erzeugten Produkte ist. In der kapitalistischen Warenproduktion ist der Produzent, der/die ArbeiterIn, weder Eigentümer des Produktionsmittels (Maschine) noch des erzeugten Produktes.

In der kapitalistischen Warenproduktion ist der/die ProduzentIn weder EigentümerIn der Produktionsmittel noch des erzeugten Produktes.

Ein häufiges Argument ist: nämlich dass sich heute jederR ArbeiterIn Produktionsmittel kaufen kann, und selbst Kapitalist werden kann. Ausnahmen gibt es immer, aber im wesentlich gilt, dass aufgrund des

  • technischen Fortschritts,
  • der steigenden Grundstückspreise und Mieten und
  • der Zugangsbeschränkungen zum Markt (Lizenz- und Patentrecht z.b.) immer mehr Startkapital notwendig ist, um „Kapitalist“ zu werden.

Es gibt zeitweise quasi Löcher im engen Netz, z.b. durch neue Erfindungen. So war es vor 25 Jahren möglich, dass Bill Gates aufgrund des Computer Booms geworden ist, was er heute ist. Heute wäre eine Wiederholung aber nicht möglich, weil es diese Durchlässigkeit nicht mehr gibt, der Markt aufgeteilt und beherrscht ist.

Profil 47/05: 90%  der unselbständig Erwerbstätigen verdienen weniger als 3500 Euro brutto/Monat – das ist zuwenig als „Startkapital“ um Kapitalist zu werden.

Das Märchen vom Tellerwäscher zum Millionär wird immer unwahrscheinlicher, im Gegensatz gilt immer stärker: nur wer schon reich ist, kann noch reicher werden.

In der kapitalistischen Warenproduktion definiert Marx den „Kreislauf“:

G – W – G’             (G’ = G + m)

Der Kapitalist hat Geld (G), investiert es um Ware (W) zu produzieren, verkauft die Waren und hat nachher mehr Geld (G’). Das wesentliche in diesem Kreislauf ist, dass G’ größer ist, als G. Die Frage ist nun: Woher kommt der neue Wert?

Heute, in einer kapitalistischen Warenproduktion, werden 99,9% aller Produkte mit dem Ziel produziert, sie gewinnbringend zu verkaufen.

Ursprüngliche Akkumulation

Die Grundlage für den Übergang von der einfachen zur kapitalistischen Warenproduktion waren

  • technische Neuerungen,
  • verbesserte Produktion in der Landwirtschaft,
  • die Anhäufung von ausreichend Kapital (Geld) und
  • die Entstehung eines Heeres von Arbeitskräften.

Diesen Prozess nennt Marx die „ursprüngliche Akkumulation“.  In dieser Periode hat der Kapitalismus durchaus eine fortschrittliche Rolle gespielt in dem Sinne, dass er die Produktivkräfte weiterentwickelt hat.

Für die Anhäufung von ausreichend Kapital war der Kolonialismus ein nicht unwesentlicher Bestandteil – begonnen mit der „Entdeckung“ Amerikas 1492.

Die Kolonien – Menschen und Rohstoffe - wurden brutalst ausgebeutet und die Reichtümer nach Europa verschifft. Die heutige Armut der „3. Welt“ / neokolonialen Staaten hat ihre Ursache u.a. in der Plünderung dieser Gebiete.

Dort wurde außerdem bereits bestehende Manufakturen und beginnende heimische Industrie zerstört, um sich Konkurrenz vom Hals zu schaffen (z.b. haben die britischen Kolonialherren die indische Baumwollindustrie zerstört und die Briten haben den Indern den Daumen abgeschnitten, nur um zu verhindern, dass sie weben!). Eine eigenständige kapitalistische Entwicklung dieser Länder wurde durch die Kolonialmächte verhindert.

Durchgesetzt wurde diese Wirtschafts-Politik durch militärische Eroberung und das Einsetzen von Kolonialverwaltungen und Marionettenregimes, die teilweise auch heute noch regieren.

In dieser Zeit kam es zu starken Veränderungen in der Landwirtschaft – es wurden viele Bauern von ihrem Grund und Boden verjagt und standen somit als Arbeitskräfte in den entstehenden Fabriken zur Verfügung (diesen Prozess nennt Marx die Expropriation der unmittelbaren Produzenten). 

Dieser Expropriations- (=Enteignungs-)prozess ist auf internationaler Ebene keineswegs beendet, sondern findet – oft unter dem Diktat von IWF und Weltbank – in den neokolonialen Staaten immer noch statt. Kleinbauern werden durch die Zwangsöffnung der Märkte, durch z.b. den Zwang, teures Hybridsaatgut zu kaufen, in den Ruin getrieben und multinationale Agrarkonzerne übernehmen das Land.

Historisch hat dieser Prozess auf den britischen Inseln im 15.-17.Jh begonnen, unter Heinrich VIII. Beim Konflikt zwischen Elisabeth Tudor und Maria Stuart ging es nur vordergründig um Religionen – sondern u.a. um die Verteidigung der neuen, großen landwirtschaftlichen Einheiten, die durch die Enteignung der Kleinbauern, aber v.a. der katholischen Kirche entstanden waren. Die neuen Großgrundbesitzer wollten „ihr“ Land nicht an die Kirche zurückgeben. Das macht auch deutliche, dass hinter Religionen handfeste weltliche Interessen stehen. 

Es hat auch vor dem Kapitalismus Menschen gegeben, die nichts zu verkaufen hatten, als ihre Arbeitskraft, sie werden auch schon im alten Rom erwähnt, aber in der vorkapitalistischen Produktionsweise waren sie nur ein winziges Segment, im Kapitalismus werden sie zur größten und zur tragenden Klasse.

Die ArbeiterInnen haben nichts zu verkaufen als ihre Arbeitskraft – d.h. ihre Arbeitskraft wird zu einer Ware.

Allerdings zu einer ganz besonderen Ware. Die Arbeitskraft ist quasi die Eierlegende-Wollmilchsau unter den Waren. Sie ist die Super-Ware.

Arbeitswerttheorie

Jede Ware hat einen Tauschwert – d.h. sie kann gegen andere Waren ausgetauscht werden. Aber in welchem Verhältnis erfolgt dieser Tausch?

Bürgerliche Ökonomen argumentieren, dass durch den Marktmechanismus von Angebot und Nachfrage das Austauschverhältnis festgelegt wird. Marx erklärt in „Lohn, Preis und Profit“ im 4. Kapitel, warum Angebot und Nachfrage nur die Schwankungen um den Wert einer Ware regeln können, aber nichts über den Wert selbst aussagen. Um den Wert verschiedener Waren feststellen zu können, muss es also eine Gemeinsamkeit geben – diese Gemeinsamkeit ist die Arbeit, die notwendig ist, um diese Waren zu produzieren.

Bei einfachen Waren ist das leichter festzustellen wie viel Arbeit in ihnen steckt, als bei komplexeren Waren. Wenn man in Thailand bei einem Reisbauern ein Kilo Reis kaufen bzw. tauschen will, wird er ziemlich genau wissen, wie viel Arbeit da drin steckt. Will man bei Saturn eine Stereoanlage kaufen will, wird das schon schwieriger. Aber letztlich kann alles an der Stereoanlage – die Rohstoffe, die Produktion und Montage der Einzelteile, die Technologie die drinsteckt – auf die Arbeit von Menschen zurückgeführt werden.

Auch die Maschinen, die inzwischen große Teile der Arbeit machen, sind letztlich auf menschliche Arbeit zurückzuführen. Diese Maschinen schaffen im Produktionsprozess keine neuen Werte, sondern geben Teile des in ihnen steckenden Wertes an das neue Produkt ab. Wir finden eine Widerspiegelung dieses Prozesses in der buchhalterischen „Abschreibung“.

Um den Tauschprozess zu erleichtern, entsteht mit der Zeit ein universales Tauschäquivalent – das Geld. Also eine allgemeine Ware, die gegen alle anderen Waren eingetauscht werden kann. Das deutsche Wort „Geld“ entsteht nicht zufällig aus dem Wort „Gold“ – es zeigt, dass Geld nichts mystisches ist, dass Wert an sich hat, sondern nicht mehr und nicht weniger als eine Ware, die gegen alle anderen ausgetauscht werden kann.

Diese Erkenntnis – dass der Wert einer Ware durch die Arbeit, die in ihr steckt, bestimmt wird – nennt man die Arbeitswerttheorie.

Es geht aber nicht um die individuelle Arbeitsleistung jedes einzelnen – der eine braucht fünf Stunden für eine Arbeit, für die jemand anderer nur zwei Stunden braucht. Ausschlaggebend für die Festlegung des Tauschwertes einer Ware ist daher die benötigte Arbeitszeit im gesellschaftlichen Durchschnitt – die gesellschaftlich notwendige Arbeit.

Der Wert einer Ware wird bestimmt durch die Menge von gesellschaftlich notwendiger Arbeit, die zu ihrer Herstellung benötigt wird. Diese Menge wird gemessen in Arbeitszeit.

Je globalisierter die Wirtschaft ist, umso leichter kann das Arbeitspensum verglichen werden, umso stärker kommt auch diese gesellschaftlich notwendige Arbeit zum tragen.  In den neokolonialen Staaten wird häufig mit schlechterer Technologie produziert als in den entwickelten kapitalistischen Staaten. Die Arbeitskraft ist dort daher wesentlich weniger produktiv. D.h. es ist viel mehr Arbeit zur Produktion derselben Ware notwendig, als in einer Fabrik in einem entwickelten kapitalistischen Staat. Weil aber die durchschnittliche gesellschaftliche Arbeit ausschlaggebend ist, „muss“ die Arbeitskraft in z.b. Indonesien viel billiger sein, um das Produkt am Weltmarkt verkaufen zu können, wo der Wert durch die durchschnittliche gesellschaftliche Arbeitszeit festgelegt wird. Marx schreibt darüber im 3. Teil des Kapitals: Der niedrigere Preis ist hier das Resultat der Armut der ProduzentInnen.

Der Lohn

Wir haben nun ein neues, zentrale Thema begonnen – nämlich die Frage des Lohnes. Wie viel bekommt der/die ArbeiterIn für seine/ihre Arbeit?

  1. Verkauft wird nicht das Produkt, sondern die Arbeitszeit. D.h. der/die ArbeiterIn stellt die Arbeitskraft einer bestimmten Zeit – z.b. 8-Stunden pro Tag – gegen Entgelt zur Verfügung. Wie viel in dieser Zeit geleistet wird ist nicht die Grundlage für die Höhe des Lohns.
  2. Die Arbeitskraft ist eine Ware: d.h. ihr Wert bzw. Lohn entspricht der Arbeit, die zu ihrer Produktion notwendig ist. Zur Produktion notwendig ist Nahrung, Kleidung, eine Unterkunft und die Möglichkeit eine nächste Generation in die Welt zu setzen. Marx spricht von den Reproduktionskosten der Ware Arbeitskraft.

Diese Reproduktionskosten haben eine biologische Untergrenze (wo die Arbeitskraft verhungert und nicht mehr zur Verfügung steht). Normalerweise wird nicht unter dieser Grenze bezahlt, es gibt aber Ausnahmen – das vielleicht brutalste Beispiel dafür sind die nationalsozialistischen Konzentrationslager.

Marx weißt darauf hin, dass es neben dem physischen Element noch ein historisches Element gibt, dass diese Reproduktionskosten festlegt. Die österreichische ArbeiterInnenklasse z.b. hat sich erkämpft, dass der Besitz eines Fernsehers, eines Autos und die Möglichkeit, Urlaub zu machen, Teil der Reproduktionskosten in Österreich sind. Der Begriff „historisches Element“ macht aber auch deutlich, dass das nichts Ewiges ist, sondern sich wieder verändern kann. Die Entwicklung der Reallöhne in Österreich in den letzten Jahren macht das deutlich. Es gibt immer mehr Menschen in Österreich, auf die diese österreichische Definition von Reproduktionskosten nicht mehr zutrifft. 

In den neokolonialen Ländern ist das historische Element wesentlich geringer und nähert sich der physischen Grenze an. Dies hat mehrere Ursachen – u.a. die schwache ArbeiterInnenbewegung aber auch die niedrige Qualifikation der ArbeiterInnen. Je leichter eine Arbeitskraft zu ersetzen ist, desto niedriger sind ihre Reproduktionskosten. Herrscht ein Überangebot an Arbeitskräfte so bedeutet das ebenfalls geringe Reproduktionskosten. Denn es geht nicht um die Reproduktionskosten der einzelnen Arbeitkraft – außer jemand ist unersetzbar – sondern um die Reproduktionskosten der ArbeiterInnenschaft in Summe.

Der Lohn/Preis der Ware Arbeitskraft entspricht ihren Reproduktionskosten – diese setzen sich aus dem physischen und dem historischen Element zusammen.

Was ist nun das Besondere an der Ware Arbeitskraft?

Wenn Waren gegeneinander ausgetauscht werden, so handelt es sich im Regelfall um Waren mit gleichem Wert. Im Tauschprozess entsteht also kein neuer Wert. Auf dem Markt kommt es zum Austausch von Waren – aber es werden am Markt keine neuen Werte geschaffen – auch das eine wichtige Entdeckung der politischen Ökonomie.

Marx hat festgestellt, das die Arbeitskraft die einzige Ware ist, die mehr Werte erzeugen kann, als zu ihrer eigenen Erzeugung notwendig ist.

Wie funktioniert das?

Der Kapitalist kauft nicht das Produkt der Arbeit, sondern die Arbeitskraft für eine bestimmte Zeit und kann sie in dieser Zeit nutzen. Der Lohn des/der Arbeiters/in wird aber nicht bestimmt durch den Wert den er/sie erschafft, sondern durch seine/ihre Reproduktionskosten. Wird in der Arbeitszeit mehr Wert geschaffen als die Reproduktionskosten ausmachen, spricht man von Mehrwert.

Da der Kapitalist im Regelfall mit dem Ziel produziert, Gewinne zu machen, stellt er ArbeiterInnen nur zu solchen Bedingungen ein, dass Mehrwert produziert wird.

Konkrete Beispiele:

Ein Arbeitstag dauert 8 Stunden: in den ersten 4 Stunden erarbeitet der/die ArbeiterIn einen Wert, der die Reproduktionskosten abdeckt – das ist die notwendige Arbeit. Die restlichen 4 Stunden sind Mehrarbeit.

Natürlich kann das Verhältnis auch anders sein: 1-7, 3-5, 6-4,....

Das Verhältnis zwischen Mehrarbeit und notwendiger Arbeit nennt man Mehrwertrate oder Ausbeutungsrate. Wenn Marx über Ausbeutung spricht meint er damit weniger eine moralische Anklage, als eine wissenschaftliche Berechnung. Die Frage, wie hoch die Ausbeutung ist, lässt sich nicht allein aus dem Lebensstandard ablesen. D.h. das – im wissenschaftlichen Sinn – die Ausbeutung eines/r Arbeiters/in in einem entwickelten kapitalistischen Land, der/die ein Auto und eine Wohnung hat höher sein kann, als die Ausbeutung eines/r Arbeiters/in in einem neokolonialen Land, der/die in einer Wellblechhütte hausen muss.

Die Ausbeutung der ArbeiterInnen hängt davon ab, wie viel der gesamten Arbeitszeit zur Abdeckung der Reproduktionskosten nötig ist und wie viel darüber hinaus gearbeitet wird.

Der Klassenkampf

Seit ihrer Entstehung versucht die ArbeiterInnenklasse den Anteil der notwendigen Arbeit zu erhöhen – durch Lohnerhöhungen, Arbeitszeitverkürzung, bezahlten Urlaub... Die Kapitalisten versuchen genau das Gegenteil. Diesen Prozess nennt Marx Klassenkampf – auch wenn es Klassenkampf natürlich auch schon vor dem Kapitalismus gab. Der Kapitalismus beruht auf der Ausbeutung einer Klasse durch eine andere. Die Interessen dieser Klassen stehen grundsätzlich im Widerspruch zueinander. Solange dieser Widerspruch nicht aufgelöst ist – und das ist nur durch die Beseitigung des Kapitalismus möglich – wird der Klassenkampf, also der Kampf um die Mehrwertrate weitergehen.

Dieser Klassenkampf findet in verschiedenen Formen statt – mal offener, mal verstärkter, aber er ist immer da. Auch die Sozialpartnerschaft im Österreich der 70er und 80er Jahre war eine Form von Klassenkampf. Die Streiks 2003 waren eine offenere Form, ebenso wie die Vorstöße der Industriellenvereinigung und der Wirtschaftskammer auf Arbeitszeit, Kündigungsschutz etc.

Im Zusammenhang mit dem Klassenkampf einige Bemerkungen zur Rolle des Staates:

Engels bezeichnet den Staat als besonderen Formationen bewaffneter Menschen. Er weißt darauf hin, dass der Staat kein neutrales Instrument ist, sondern ein Instrument der Klassenherrschaft – d.h. das Instrument einer Klasse, die über eine andere Klasse herrscht, um die Herrschaft abzusichern. Und dazu bedient sich diese herrschende Klasse – im Falle des Kapitalismus ist das die kapitalistische Klasse – auch verschiedener Formen der Gewalt:

  • Medien, die im Sinne der herrschenden Klasse berichten. In Diktaturen ist das offensichtlicher, es gibt das aber auch bei uns: beim EisenbahnerInnenstreik 2003 wurde von allen Medien das Bild gezeichnet, es gäbe keine Unterstützung in der Bevölkerung für einen Streik – obwohl genau das Gegenteil der Fall war. Wir dürfen auch nicht vergessen, wem die Medien gehören und in wessen Interesse sie damit agieren– z.b. wurde ein Journalist 2000 bei den OÖN gekündigt, weil er gegen die schwarzblaue Regierung geschrieben hat.
  • Polizei und Armee, die gegen Demonstrationen und Streiks eingesetzt werden – z.b. im britischen Bergarbeiterstreik als sogar Streikposten durch die Polizei getötet wurden.
  • Justiz: auch hier ein Beispiel aus dem britischen Bergarbeiterstreik, als die Regierung die Streikkasse der Gewerkschaft einfrieren lies, um die Streikenden im wahrsten Sinne des Wortes auszuhungern.

Ist es nicht möglich einen Kompromiss zu finden, eine Lösung, von der alle profitieren?

Dazu eine wesentliche Feststellung: der Marxismus geht nicht davon aus, dass Kapitalisten an sich schlechte, gierige Menschen sind. Sondern der Marxismus erklärt, warum im Rahmen des Kapitalismus die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen – und auch der Natur – notwendig ist.

Der Marxismus erklärt, warum es im Rahmen des Kapitalismus immer wieder zu Krisen und Kriegen kommen muss – und diese nicht nur das Ergebnis einer falschen Wirtschaftspolitik oder von wildgewordenen PolitikerInnen sind. Es geht also nicht um eine moralische Anklage, sondern der Marxismus erklärt warum der Unternehmer so handeln muss, um nicht bankrott zu gehen.

Im Kapitalismus stehen sich zwei Hauptklassen mit entgegengesetzten Interessen gegenüber.

Der Profit

Der Kapitalismus ist ein Profitsystem. D.h. das Ziel von Produktion und Verkauf ist der Profit. Es wird nicht produziert, was gebraucht ist, sondern das Ziel der Produktion ist die Vermehrung von Geld.

Der Gebrauchswert einer Ware wird im Kapitalismus zugunsten des Tauschwertes unterdrückt.

D.h.: die Bedürfnisse der Menschen sind egal, Hauptsache der Profit stimmt. Das führt in der Praxis zu unmenschlichen Zuständen:

Nach der Zerstörung von New Orleans konnten Menschen sich die Lebensmittel in den Supermärkten, die sie dringend brauchten, nicht holen, sondern wurden vom Staat als Plünderer zum Abschuss freigegeben.Im Kapitalismus kommt es auch – erstmals in der Menschheitsgeschichte – zu Überproduktionskrisen. Es kommt zu einer Krise, weil von einer Ware „zu viel“ da ist, wo es gleichzeitig viele gibt, die diese Waren brauchen würden. Wobei „zu viel“ nicht heißt im Verhältnis zu den Bedürfnissen, sondern zur Kaufkraft. Wenn der Tauschwert „zu niedrig“ für die Kapitalisten ist, werden Waren auch vernichtet, um den Preis nach oben zu schrauben – z.b. Lebensmitteln werden vernichtet, während Menschen gleichzeitig verhungern. Die EU zahlt Gelder an die Bauern damit sie fruchtbare Böden brachliegen lassen, während in unwirtlichen Gegenden die Menschen mit viel Blut und Schweiß das wenige aus der Erde kratzen.Menschen finden keinen Arbeitsplatz, weil es nicht genug KäuferInnen für die Waren gibt. Es wird weniger produziert, als produziert werden könnte, und Menschen sind Arbeitslos. Wobei Arbeitslosigkeit (Marx nennt das Industrielle Reservearmee) für die Kapitalisten durchaus erwünscht ist als Druckmittel und Arbeitskräftereservoir.Oft wird argumentiert, ohne den Kapitalismus gäbe es keine Forschung – tatsächlich wird nur geforscht und produziert, wo es profitabel ist. Waren, nach denen es ein Bedürfnis gibt, dass aber nicht durch ausreichend Geld abgedeckt wird, werden im Kapitalismus gar nicht erst produziert.Es wird über „Überbevölkerung“ und „Überalterung“ gesprochen – wen es sich um Menschen handelt, die nicht (mehr) für den Kapitalismus verwertbar sind. Tatsächlich könnten alle Menschen auf der Welt ernährt werden – es gibt also nur eine „kapitalistische Überbevölkerung“.

Der einzelne Kapitalist will seine Investition wieder herausholen und noch mehr, denn er will ja überleben. Und im Kapitalismus ist Stillstand gleich Untergang.

Wie entsteht nun dieser Profit?

Der Profit entsteht, wenn der Mehrwert, der in den Waren steckt durch Verkauf realisiert wird.

Wobei es natürlich nicht um den nominellen Profit geht, sondern um die Profitrate – also das Verhältnis von Investierten und neu gewonnen Kapital. Diese Profitrate errechnet Marx als das Verhältnis von Mehrwert zu eingesetztem (=investiertem) Kapital.

Das eingesetzte Kapital setzt sich aus zwei Teilen zusammen:

  1. den Maschinen, Rohstoffe etc., d.h. Produktionsmittel, deren Wert durch den Produktionsprozess nicht verändert werden – sie heißen daher konstantes Kapital (nicht zu verwechseln mit dem fixen Kapital der BWL)
  2. menschliche Arbeitskraft, die im Produktionsprozess neue Werte schafft, daher variables Kapital

Die Profitrate bildet sich:

                                              MW (Mehrwert)

PR  (Profitrate)  = -----------------------------------------------------------

                             vK (variables Kapital) + kK (konstantes Kapital)

Die Profitrate ist in verschiedenen Branchen unterschiedlich hoch – hat aber die Tendenz sich anzugleichen, weil das Kapital immer dort investiert wird, wo es am profitabelsten ist. Da das aber alle Kapitalisten versuchen, dann ist es eben nicht mehr so profitabel und die Profitrate gleicht sich an.

Die Konkurrenz unter den Kapitalisten führt zu einer Angleichung der Profitrate.

Die Profitrate ist um so höher, je niedriger die organische Zusammensetzung ist, d.h. je größer der Anteil des variablen Kapitals ist – weil nur das variable Kapital Mehrwert erzeugt.

Der einzelne Kapitalist versucht aber, um konkurrenzfähig zu bleiben, immer produktiver zu produzieren, d.h. immer mehr konstantes Kapital durch variables Kapital zu ersetzen, senkt damit aber den Mehrwert und in Folge auch die Profitrate.

Die Profitrate hat daher im Kapitalismus die Tendenz zu sinken.

Das bemerken auch die Kapitalisten und versuchen, dem entgegen zu steuern – deswegen ist es auch eine Tendenz. Die verschiedenen Maßnahmen der Wirtschaftspolitik der letzten Jahre dienen letztlich alle dazu, den Fall der Profitrate zu bremsen oder gar aufzuhalten.

Erhöhung der Mehrwertrate: durch Erhöhung der Ausbeutung – durch längere Arbeitszeiten, erhöhter Arbeitsdruck, Kürzungen bei Sozialleistungen, Kürzung bei Urlaub, unbezahlte Überstunden, den Druck auch als Kranker zur Arbeit zu gehen. Aber auch durch Steuerreformen die die Steuerlast von den Unternehmen zu den ArbeiterInnen umverteilt (dem Kapitalisten bleibt mehr als vorher von seinem Profit).

Wirtschaftskrisen

Tatsache ist allerdings, dass keine dieser Maßnahmen in der Lage ist, Wirtschaftskrisen zu verhindern.

Es gibt im Kapitalismus immer wieder Krisen: große Weltwirtschaftskrisen wie in den 1930er Jahren und den 1970er Jahren, aber auch seither die Japankrise, Asienkrise, Russlandkrise, Mexikokrise, Argentinienkrise...

Es gibt verschiedene ökonomische Schulen, die unterschiedliche „Lösungen“ für die immer wiederkehrenden Krisen anbieten – die zentralen sind der Keynesianismus bzw. der Monetarismus/Neoliberalismus. Alle diese ökonomischen Schulen doktern aber nur an der Oberfläche herum und können alle nicht grundsätzlich und auf Dauer Krisen im Kapitalismus verhindern.

Im Kapitalismus muss es aufgrund seiner inneren Widersprüche immer wieder zu Krisen kommen.

Die inneren Widersprüche im Kapitalismus:

  • Der Widerspruch zwischen gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung: Die ArbeiterInnenklasse kriegt nur einen Teil der von ihr geschaffenen Werte – es kommt zu einer „Überproduktion“, im fortgeschrittenen Stadium kommt es sogar zu einer Überakkumulation, d.h. dass zu viel Kapital da ist und es nicht mehr gewinnbringend investiert werden kann.
  • Der Widerspruch zwischen der Notwendigkeit für den Kapitalisten, „seinen“ eigenen ArbeiterInnen wenig zu zahlen um billig produzieren zu können und andererseits auf die ArbeiterInnen als KonsumentInnen angewiesen zu sein.
  • Der Widerspruch zwischen der Notwendigkeit des Kapitalisten, in neue Technologien zu investieren, um im Wettbewerb die Nase vorne zu haben und andererseits genau dadurch den Fall der Profitrate voranzutreiben.
  • Der Widerspruch zwischen der geplanten Produktion in den einzelnen Betrieben die im Gegensatz steht zur Anarchie des Marktes.

Marx hat erkannt, dass auf einer bestimmten Stufe ihrer Entwicklung die Produktivkräfte in Widerspruch mit den Produktionsverhältnissen bzw. Eigentumsverhältnissen geraten – diese werden eine Barriere für die weitere Entwicklung.

Wenn dieser Widerspruch erreicht ist, ist eine Veränderung der Eigentumsverhältnisse notwendig. Im Kapitalismus ist dieser Zustand längst erreicht.

Trotzdem versucht der Kapitalismus, Krisen zu verhindern. Die verschiedenen „Lösungen“ im Rahmen des Systems lösen aber nichts, sondern können bestenfalls Krisen hinauszögern.

Die „Lösungs“versuche im Rahmen des Kapitalismus:

Neue Märkte erobern: das Problem ist, dass die meisten Märkte schon besetzt sind, bzw. auch um die wenigen neuen ein heißer und oft blutiger Kampf geführt wird. Die Welt ist heute als gesamter ein großer Markt. Seit Ende des 19. Jahrhunderts befindet sich der Kapitalismus in seiner am weitesten entwickelten Form, dem Imperialismus. Der Kapitalismus ist in alle Winkel der Welt vorgedrungen. Selbst dort, wo es teilweise noch feudale Stammesstrukturen gibt, ist die vorherrschende Wirtschaftsform des Kapitalismus! (Auch in Österreich finden sich z.b. mit dem Gewerberecht noch Reste feudaler Wirtschaft und trotzdem ist Österreich ein kapitalistisches Land.)

Heute geht es eigentlich nur mehr darum, dass sich unterschiedliche imperialistische Mächte die Märkte gegenseitig abnehmen. Dazu werden unterschiedliche Mittel eingesetzt – das brutalste ist der Krieg. Im Falle des Irakkrieges ist es sehr offensichtlich, dass es den USA nicht um Menschenrechte, sondern um den Zugriff auf die irakischen Ölquellen ging. Auch Deutschland und Frankreich, die gegen den Angriff auf den Irak waren, ging es nicht um Völker- oder Menschenrecht, sie hatten bloß bereits günstige Verträge mit dem irakischen Regime zur Ausbeutung des Öls, die die USA nicht hatten. Gerade Frankreich nützt seinen aus Kolonialzeiten noch bestehenden Einfluss in Teilen Afrikas, um dort seine wirtschaftlichen Interessen durchzusetzen.

Alle Lebensbereiche werden vom kapitalistischen Profit-Prinzip durchdrungen. Alles und jedes muss Gewinn bringen und privatwirtschaftlich organisiert sein – von der Geburt bis zum Sterben – überall sollen Profite gemacht werden können. Es ist also kein Wunder, dass gerade jetzt die Angriffe in Form von Privatisierung auf das Gesundheits-, Bildungs- oder Pensionssystem kommen. Diese Bereiche sind bis jetzt für das Kapital brach gelegen. Das sind „neue Märkte“ die mit Hilfe der Politik für das Kapital geöffnet werden – mit allen negativen Folgen.

Kapitalverlagerung: Kapital wird in Branchen/Länder mit höherer Profitrate verlagert – das funktioniert aber wegen der Tendenz zur Angleichung der Profitrate nur vorübergehend. Eine solche Kapitalverlagerung geschieht oft unter dem Deckmantel von „Entwicklungshilfe“ – die dann mit hohen Zinsen und Zinseszinsen zurückbezahlt werden muss.

Auch hier gibt es ein ungleiches Kräfteverhältnis zwischen imperialistischen Staaten und den neokolonialen Staaten. Staaten sind immer nur der verlängerte Arm der jeweiligen kapitalistischen Klasse. Das gilt auch für die verschiedenen internationalen Institutionen – Weltbank, IWF, WTO, UNO – etc. die im wesentlichen die Interessen der stärksten dieser imperialistischen Mächte widerspiegeln. Ein politischer Appell an diese Institutionen ist daher sinnlos – sie sind keine neutralen Instrumente, sondern Klasseninstrumente. Wenn die Weltbank also die Senkung von Mindestlöhnen oder die Streichung von Lebensmittelsubventionen in einem Land fordert, dann nützt das v.a. ausländischen Investoren. Wenn die WTO Patentrechte schützt, profitieren davon die Pharmakonzerne der imperialistischen Staaten. Selbst wenn in diesen Staaten Industrie aufgebaut wird, so nicht als eigenständige nationale Industrie, sondern als Zulieferer für imperialistische Staaten.

Vernichtung von Kapital: also von Fabriken, Maschinen, Gebäuden - wo vernichtet wird, muss nachgebaut werden. Die Zerstörungen des 2. Weltkrieges waren die Grundlage für den die längste Aufschwungperiode in der Geschichte des Kapitalismus.

Spekulation: Finanz- und Währungsspekulationen sind der Versuch einer Gruppe von Kapitalisten einer anderen Profite abzunehmen. Als Folge von Überakkumulation flüchten sich Teile des Kapitals in die Spekulation. Es findet aber nur eine „Umverteilung“ von Profiten zwischen verschiedenen Kapitalisten statt – denn neue Werte werden keine geschaffen.

All Versuche im Rahmen des Kapitalismus können die im Kapitalismus auf Grund seiner inneren Widersprüche immer wiederkehrenden Krisen auf Dauer nicht verhindern.

Marxistische Anti-Krisen-Politik

Auch MarxistInnen haben sich mit der Frage kapitalistischer Krisen beschäftigt, da die ArbeiterInnenklasse unter den Folgen von Wirtschaftskrisen – Arbeitslosigkeit, Verschlechterung des Lebensstandards... – am stärksten zu leiden hat. Wir dürfen nicht vergessen, dass Marx ein politischer Aktivist war. Marx und Engels haben u.a. in der 1848er Revolution gekämpft  und immer sehr interessiert jegliche Bewegung im Klassenkampf betrachtet und analysiert haben.

Marx analysiert, dass der Kapitalismus zu einem Hindernis für die Entwicklung der Menschheit geworden ist – deshalb hat er auch für den Sturz des Kapitalismus gekämpft.

Engels spricht davon, dass erst mit der Abschaffung des Kapitalismus die Menschheitsgeschichte wirklich beginnt, weil die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen beendet wird. Beide – wie auch viele ihrer Nachfolger, wie z.b. Lenin – haben erklärt, dass für den Sturz des Kapitalismus die Organisierung der ArbeiterInnenklasse notwendig ist. MarxistInnen haben sich daher immer am Aufbau von politischen Organisationen der ArbeiterInnenklasse beteiligt.

Die marxistische Wirtschaftstheorie hat insofern internationale Bedeutung, als der Kapitalismus das weltweit herrschende Wirtschaftssystem ist. Auch Länder in denen es noch feudale Strukturen gibt, wo die Industrie wenig entwickelt sind in das kapitalistische Weltsystem eingebunden. Trotzki beschäftigt sich in seiner Permanenten Revolution mit den Perspektiven in den neokolonialen Staaten. Er stellt fest, dass der Kapitalismus überall auf der Welt das vorherrschende System ist – wenn auch in vielen Teilen in einer sehr primitiven, brutalen und abhängigen Form. Er weißt auch darauf hin, dass auch viele der bürgerlichen Freiheiten – wie bürgerliche Demokratie, Wahlen, Pressefreiheit, Gewerkschaften, Landreform – in diesen Staaten nur gegen den Kapitalismus errungen werden können. Diese Staaten sind wirtschaftlich vom Imperialismus abhängig, es gibt keine eigenständige, unabhängige kapitalistische Klasse. Diese ist Abhängig vom Imperialismus und dominiert Industrie und Landwirtschaft, stellt also z.b. auch ein Hindernis für eine Landreform dar. In Nigeria z.b. gibt es enge Verbindungen zwischen Regierung und dem Ölkonzern Shell (in Wien sind die nigerianische Botschaft und der Konzernsitz von Shell gerade einmal 100 Meter auseinander).  

In der Geschichte gibt es zahllose Beispiele für diese Abhängigkeit. Beim Versuch, eine ehemalige Kolonie in Afrika oder Asien zu finden, in der es heute einen entwickelten Kapitalismus gibt, einen Lebensstandard der mit dem in entwickelten kapitalistischen Staaten vergleichbar ist und in dem es weitgehend demokratische Rechte gibt, wird scheitern. Die paar Ausnahmen, die gefunden werden, in denen diese Errungenschaften weitgehend erfüllt sind, haben diese Entwicklung nicht eigenständig gemacht, sondern wurden aus politischen Gründen von imperialistischen Staaten dazu aufgebaut. Ein Beispiel ist. Südkorea, das als Gegengewicht zu Nordkorea systematisch vom Imperialismus aufgebaut wurde (wobei es fraglich ist, ob man hier von einer Demokratie sprechen kann).

Für MarxistInnen ging und geht es bei der Politischen Ökonomie niemals nur um die Analyse der Situation, sondern um Lösungen und Auswege und diese bedingen letztlich den Sturz des Kapitalismus bzw. stellen die Notwendigkeit der Überwindung denselbigen auf die Tagesordnung.

Als Eckpfeiler einer solchen sozialistischen Gesellschaft sehen Marx und Engels die

  • die Abschaffung des Privatbesitzes an Produktionsmitteln und die Vergesellschaftung der Produktion (es geht nicht um meine Zahnbürste oder Nähmaschine, sondern um die großen Industrien) und damit die Produktion entsprechend den Bedürfnissen der Menschendie Abschaffung der Lohnarbeit, d.h. sinnvolle und selbstbestimmte Produktion
  • das Ende der Ausbeutung von Mensch und Natur durch den Menschen
  • die Planung der Wirtschaft gemäß den Bedürfnissen der Menschen
  • echte Demokratie, d.h. die Herrschaft der Mehrheit und nicht die Herrschaft der Kapitalisten oder einer neuen Herrschaftskaste (daher sind auch die stalinistischen Staaten keineswegs „sozialistische“ oder „kommunistisch“)

„Die Philosophen haben die Welt nur verschiedene interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern.“ (Marx, Thesen über Feuerbach, 1845)