EU-Wahl: 3 und 4. Juni sind wichtiger als der 7. Juni!

Wahlaufruf der SLP zu den EU-Wahlen 2009

Obwohl am 7. Juni EU-Wahlen sind, gab es schon lange keine Wahl mehr, die auf derartiges Desinteresse gestoßen ist, wie diese. Einzig der FPÖ gelingt es mit ihrer rassistischen Hetze Aufmerksamkeit zu erregen. Die EU selbst polarisiert weit weniger als in früheren Wahlkämpfen. Nichtsdestrotz stellt sich die Frage: Was tun am 7. Juni? 

Ist die EU weniger wichtig? Oder besser als früher?

Es gibt im wesentlichen zwei Gründe, warum dieser Wahlkampf weniger polarisiert als vergangene:

  1. Hat sich die Stimmung gegenüber der EU verändert. Die Ablehnung ist gesunken, es gibt Hoffnung, die EU könnte ein „Rettungsanker“ gegen die Wirtschaftskrise sein. Die Überlegung, dass in einer globalen Wirtschaftskrise Lösungen nicht auf Nationalstaaten beschränkt bleiben können, ist völlig richtig. Tatsächlich wäre ein echtes vereintes Europa ein enormer Schritt vorwärts für die ArbeiterInnenklasse. Diese Hoffnungen werden bitter enttäuscht werden, da die EU als kapitalistische Formation Maßnahmen setzt, die zugunsten der Kapitalisten in der EU sind – und zu Lasten der ArbeitnehmerInnen und sozial Schwachen gehen werden. Auch wenn aus Angst vor sozialer Polarisierung und Unruhen einige Zugeständnisse an die ArbeiterInnenklasse gemacht werden und überall erklärt wird, dass die EU „Arbeitsplätze retten“ wird, sieht die Realität doch anders. Der Abbau des Sozialsystems, die Privatisierungen bei Bildung und Gesundheit, die Aushöhlung der Kollektivverträge etc. gehen weiter und sind Kernstück der nur leicht geänderten EU-Verfassung, die nach wie vor auf der Tagesordnung steht. Und auch wenn es einen EU-Krisengipfel nach dem anderen gibt und gemeinsame Erklärungen so nehmen gleichzeitig die nationalstaatlichen Alleingänge der EU-Staaten zu. Den herrschenden in jedem Land ist eben das Hemd näher als die Hose.
  2. In scheinbarem Widerspruch dazu die allgemeine Stimmung, dass „die da oben“ ohnehin machen, was sie wollen, und wir keinen Einfluss darauf haben. D.h. eine zunehmende Ablehnung des Establishments und damit auch von etablierten Institutionen. Die Serie von Skandalen bzw. Informationen darüber, wie sich EU-MandatarInnen bereichern verstärkt diese Stimmung noch. Die Wahlbeteiligung könnte daher bei dieser Wahl einen historischen Tiefpunkt erreichen.

Die Gründe eins und zwei finden sich bei verschiedenen Bevölkerungsschichten wieder – aber aufgrund der Enttäuschung jener, die aus Grund eins zur Wahl gehen werden (und enttäuscht werden) werden sich diese bald im Lager von Grund zwei wiederfinden.

Die Frage stellt sich nun, ob es sinnvoll ist, bei dieser Wahl zu wählen? Oder stellt es eine Legitimierung einer EU und einer herrschenden Kaste dar, die wir ablehnen. Obwohl diese Argumente durchaus schlüssig sind, meinen wir, dass eine niedrige Wahlbeteiligung nicht als Zeichen des Protestes und Widerstandes gewertet werden würde, sondern als Zeichen von Desinteresse und als „unpolitisch“ interpretiert werden würde.

Also wen wählen?

Wir halten alle etablierten Parteien für unwählbar. Sie ALLE haben eine pro-kapitalistische Ausrichtung mit allen negativen Konsequenzen gerade jetzt in der Krise. Soziale Rhetorik kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie fest auf dem Boden von Profitlogik und Zwei-Klassen-Gesellschaft stehen. Dass gilt für die scheinbar „sozialen“ Grünen ebenso wie für die sich „kapitalismuskritisch“ gebärdende FPÖ. Keine der etablierten Parteien bietet eine Alternative zur kapitalistischen EU und ihrer – nach wie vor – neoliberalen Politik an. In unterschiedlichem Ausmaß setzen sie auf „Stärkung des österreichischen Nationalstaates“ oder auf „Reformierung der EU“. Aber nur unabhängige SozialistInnen, wie die SLP, setzen der EU das Konzept der Vereinigten sozialistischen Staaten von Europa und des gemeinsamen Widerstandes von ArbeitnehmerInnen, Arbeitslosen und Jugendlichen in ganz Europa gegen die Politik des Kapitals entgegen.

Hinzu kommt insbesondere bei FPÖ und BZÖ und zunehmend auch bei der ÖVP eine rassistische und nationalistische Ausrichtung. Die Empörung von SPÖ und Grünen über die rechten Ausfälle von Strache & Co. sind aber mehr als unglaubwürdig angesichts der Tatsache, dass BEIDE Parteien z.B. einen Martin Graf zum Vorsitzenden des Banken-Untersuchungsausschusses gewählt und damit die Rechten weiter integriert haben. Auch die aktuelle Empörung über Grafs Angriffe auf den Präsidenten der Israelischen Kultusgemeinde durch SPÖ und ÖVP ist zahnlos, stehen ihr doch eine Reihe von Beispielen für Zusammenarbeit mit der FPÖ gegenüber.

Im Zuge der Wirtschaftskrise setzen alle nationalen herrschenden Klassen und ihre politischen RepräsentantInnen – und dazu gehören auch ÖVP und SPÖ – wieder stärker auf den Nationalstaat zum Schutz der „eigenen“ nationalen KapitalistInnen. Ein verstärkter Nationalismus durch die etablierten Parteien, wenn auch in unterschiedlich aggressiver Form, ist der politische Ausdruck dieser wirtschaftlichen Doktrin.

Die „Antworten“ der etablierten Parteien auf die Wirtschaftskrise sind der Nährboden auf dem rechte und rechtsextreme Gruppen sich weiter aufbauen werden. Denn wer die kapitalistische Logik nicht offensiv zurückweißt und bekämpft, muss sie mit umsetzen – und das bedeutet steigende Arbeitslosigkeit und sinkende Einkommen. Alle etablierten Parteien betreiben eine Politik, die dazu führt, dass Jugendliche, Arbeitslose und ArbeitnehmerInnen die Krise bezahlen müssen. Daran ändern auch einige kapitalismuskritische Töne von z.B. grünen KandidatInnen nichts. Auch sie setzen auf die EU als Bündnispartner und hoffen auf deren Reformierung. Wenn die Grünen ein schlechtes Ergebnis einfahren, dann nicht wegen, sondern trotz einer gewissen rhetorischen Kapitalismuskritik. Der Grund für die sinkende bzw. stagnierende Unterstützung der Grünen liegt darin, dass sie immer angepasster und etablierter, immer „normaler“ werden und sich von kämpferischen Methoden und linken Inhalten längst verabschiedet haben. HP Martin und die Jungen Liberalen stellen ebenso wenig eine Alternative dar, sie sind die ein bisschen mehr und ein bisschen weniger fortschrittliche Varianten der existierenden etablierten Parteien. HPM spricht – trotz problematischer Bündnispartner (Krone) und seines Einzelkämpfer-Gehabes – real existierende Probleme und Skandale in der EU auf. Es ist offen, ob er den Wahlerfolg von 2006 wiederholen kann, da die FPÖ heute gestärkter da steht und ebenfalls auf Proteststimmen setzt. Aber er spricht mit seiner Linie gegen Politikerprivilegien und bürokratische Strukturen zweifellos eine real existierende Stimmung auf. Lösungen bietet er – außer ihn zu wählen – aber keine an.

Die KPÖ hat ein neuerliches Lehrbeispiel von „wie wir sicher keine neue linke Kraft aufbauen“ geliefert. Ohne Rücksprache mit anderen relevanten Kräften auf der Linken, ohne Versuch eines linken Bündnisses stellt sie einmal mehr den im wesentlichen durch ihre finanziellen Mitteln getragenen Alleinvertretungsanspruch in Österreich. Schade, weil damit einmal mehr eine Chance vertan wurde, Schritte in Richtung des Aufbaus einer neuen linken Kraft, die eine echte Alternative zu den etablierten Parteien und der extremen Rechten bilden könnte, zu setzen. Der wachsenden antikapitalistischen Stimmung, der Chance echte sozialistische und kommunistische Ideen zu verankern wurde nicht Rechnung getragen, stattdessen wieder einmal eine Anbiederung an christliche WählerInnen gesucht.

Die KPÖ stellt sich einmal mehr als Hindernis und nicht als Bündnispartnerin im Aufbau einer neuen Partei für ArbeiterInnen und Jugendliche mit sozialistischem Programm dar. Aber weil die wenigsten WählerInnen die KPÖ näher kennen (und das ist gut so, weil sie sonst abgeschreckt und demotiviert wären) bekommen sie diese hinderliche Rolle der KPÖ beim Aufbau einer neuen Partei für ArbeiterInnen und Jugendliche mit sozialistischem Programm nicht mit. Darum meinen wir, dass ein gutes Stimmenergebnis der KPÖ v.a. bei neuen radikalisierten Schichten als Zeichen gesehen wird, dass Widerstand von Links möglich ist und insofern ein positiver Anreiz wäre, sich auch selbst zu aktivieren.

In diesem Sinne ruft die SLP dazu auf, am . Juni die KPÖ zu wählen, aber selbst aktiv zu werden gegen rechts und für den Aufbau einer echten sozialistischen Alternative. Ein wichtiger Schritt dafür sind die Mobilisierungen gegen die FPÖ-Abschlussveranstaltungen am 3. Juni in Salzburg und am 4. Juni in Wien. Hier werden österreichische und migrantische ArbeitnehmerInnen und Jugendliche gemeinsam gegen die FPÖ und ihre rechte Hetze und gegen die kapitalistische Krise protestieren. Wir hoffen, dass sich auch die KandidatInnen und AktivistInnen der KPÖ an diesen Mobilisierungen beteiligen werden. Gerade weil die extreme Rechte von FPÖ und BZÖ am 7. Juni angesichts des Fehlens einer echten Alternative gewinnen wird, ist der Aufbau einer kämpferischen, sozialistischen und antirassistischen Alternative so dringend notwendig.

Klare Sache - Weg mit Strache!

  • Arbeitsplätze & leistbare Wohnungen statt FPÖ-Rassismus & rechter Hetze
  • Gemeinsam gegen Krise & Kapitalismus statt Straches “Teile und Herrsche”
  • Neue sozialistische ArbeiterInnen-Partei statt Nationalismus & Kreuzzug