Krisenbewältigung auf unsere Kosten

Österreich steckt in einer Wirtschaftskrise - deren Kosten zahlen sollen die ArbeiterInnen und Armen
Fabian Lehr

Auch wenn die Herrschenden nicht gerne davon sprechen: Österreich steckt in einer ausgewachsenen Wirtschaftskrise. Seit 2012 verzeichnet Österreich nur noch ein Miniwachstum des BIP von jährlich deutlich unter 1%. 2013 und 2014 schrammte man mit 0,2% bzw. 0,3% Wirtschaftswachstum nur knapp an einer Rezession vorbei. Auch für 2015 ist nur ein mageres Wachstum von 0,7-0,8% prognostiziert. Die Arbeitslosigkeit geht steil nach oben, liegt inzwischen bei 9,2% (2008: 5,9%). Eine baldige Besserung ist kaum zu erwarten: Die sich zusammenbrauende neue globale Krise, die sich durch Konjunkturschwäche und Börsencrash in China ankündigt, wird auch Europa und Österreich erfassen.

Wenn Regierung und bürgerliche Medien auch beschwören mögen, wir säßen alle im selben Boot: Tatsächlich ist es die Masse der ArbeiterInnen und Armen, die die Kosten der Krise trägt. Nicht die immer reicher werdenden Reichen werden zur Kasse gebeten, sondern wir sollen durch Sozialkürzungen und verschärfte Ausbeutung der Beschäftigten zahlen. Die wieder akut werdende Gefahr der Wiedereinführung des 12-Stundentages, der Kahlschlag im Spitalswesen oder die Forderung vom Präsident der Industriellenvereinigung Kapsch nach einem "österreichischen Hartz 4" sind Warnsignale. Diese Versuche, die Lasten der kapitalistischen Krise den ArbeiterInnen aufzubürden, sind dreist, aber nicht überraschend: Genau dieses Krisenmanagement zugunsten der Reichen und zulasten der Armen ist eine der Kernaufgaben des bürgerlichen Staates. 

 

Die GewinnerInnen der Krise

Wenn behauptet wird, ohne Sozialkürzungen sei kein Geld aufzutreiben, ist das eine Lüge. Das Geld ist sehr wohl vorhanden, nämlich auf den Konten der Reichen - und deren Brieftaschen werden immer dicker. Die reichsten 5% der österreichischen Bevölkerung besitzen 59% des gesamten Vermögens. Allein das reichste Prozent der Bevölkerung besitzt über 30% des Gesamtvermögens. Diese Gruppe muss sich um die Krisenauswirkungen kaum sorgen: Während die Reallöhne der ArbeiterInnen 1998-2014 um 4% gesunken sind, wachsen die Vermögen der Superreichen auch in der Krise konstant weiter. Die reichsten 10% der Bevölkerung besitzen heute rund 900 Milliarden Euro, und täglich werden es 80 Millionen mehr. Während die ärmere Hälfte der Bevölkerung zusammengenommen ganze 2,2 Prozent des österreichischen Gesamtvermögens besitzt…

Freiwilligenarbeit statt Sozialstaat?

Die Solidarität weiter Teile der österreichischen Bevölkerung mit Flüchtlingen ist positiv. Aber es zeigt, wohin die Herrschenden wollen, dass diese unbezahlte freiwillige Hilfe überhaupt so bitter nötig ist. Denn eigentlich wäre es Aufgabe des Staates, für eine menschenwürdige Unterkunft und Versorgung der nach Österreich kommenden Menschen zu sorgen. Der aber baut Sozialleistung um Sozialleistung ab und drückt sich auch hier um seine Pflicht, überlässt die Versorgung der Flüchtlinge nur zu gern Menschen, die sich, unbezahlt und oft ihren knappen Urlaub aufbrauchend, freiwillig aufopfern. Schon bisher entspricht die unbezahlte Freiwilligenarbeit rund 420.000 Vollzeitjobs. Doch statt hier Jobs zu schaffen, werden die Freiwilligen mit einem feuchten Händedruck gelobt. Neoliberalismus in Reinkultur!

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