Generalstreik gegen Generalangriff

Am 15. Dezember legte ein Generalstreik gegen das massive Kürzungsprogramm der Regierung das Land lahm.
Geert Cool, LSP/PSL

Die neue belgische Regierung war kaum gebildet, schon formierte sich Widerstand gegen ihre Kürzungspolitik. Sie will umsetzen, was frühere rechte Regierungen bereits in den 1980ern versucht hatten. Es war klar, dass es zu einer Konfrontation mit den Gewerkschaften kommen würde. Aber sie wollten sehen, wie weit sie gehen können. Wenn diese Regierung fällt, ist es möglich, dass eine neue große Koalition zu einem langsameren Tempo der Angriffe zurückkehrt – wie in den Jahren davor. Die Pläne der Regierung von Charles Michel sind so umfangreich, dass man sie kaum aufzählen kann: Es sind große Angriffe auf Bildung, Löhne, Pensionen und eine weitere Reform des Arbeitsmarkts, Kürzungen bei Gesundheit, Öffentlichem Dienst, Kinderbetreuung und Arbeitslosengeld. Nach einer Periode mit relativ wenig Klassenkämpfen wurde so die ArbeiterInnenklasse brutal aufgeweckt. Das ist ein Vorgeschmack, was auch „ruhigeren“ Ländern wie Österreich mit fortschreitender Krise bevorstehen kann.

Der Generalstreik am 15. Dezember war der Schluss- und Höhepunkt eines Aktionsplans, der im September, kurz bevor die Regierung gebildet wurde, gestartet wurde. Ein bundesweites Gewerkschaftstreffen hatte am 23. September 7.000 Menschen mobilisiert. Das war ein wichtiger Schritt um BetriebsrätInnen und AktivistInnen zusammenzubringen und sie auf den Kampf vorzubereiten. Die Regierung hatte sich noch nicht formiert, aber es war klar, was kommen würde. LSP/PSL (CWI in Belgien) hat mit dem Slogan „Keine Thatcher in Belgien!“ interveniert und die Notwendigkeit eines Aktionsplans betont. Die neue rechte Regierung hatte vor, wie Thatcher oder Reagan in eine offene Konfrontation mit der ArbeiterInnenklasse zu gehen. Im Unterschied zu Thatcher hat diese Regierung die Attacken aber auf allen Fronten eröffnet. Thatcher dagegen hatte die Angriffe vorbereitet und dann die Bergarbeiter konfrontiert, um ein Exempel zu statuieren. Nach der Regierungsbildung sahen wir die größte Gewerkschaftsdemonstration seit dem 31. Mai 1986, als die damalige rechte Regierung fiel. Auf der Demonstration vom 6. November waren ca. 150.000 Menschen. Es folgten regionale Streiks am 24. November in Hainaut, der Region Luxemburg, Antwerpen und Limburg und weitere Streiks am 1. Dezember in Liege, Namur, Ost- und Westflandern. Am 8. Dezember fanden schließlich Streiks in Brüssel, Flämisch-Brabant und Wallonisch-Brabant statt. Diese regionalen Streiks halfen den Druck für den Generalstreik aufzubauen. LSP/PSL Mitglieder spielten eine aktive Rolle in der Mobilisierung und organisierten  in Form eines Schulstreiks die aktive Unterstützung der Bewegung durch Jugendliche.

Trotz einer massiven Propagandakampagne in den Medien gab es breite Solidarität für die Proteste und Forderungen. Umfragen zeigten, dass nur 20 % der Bevölkerung eine positive Meinung von der Regierung haben, während 43 % sie negativ sehen. Die Kampagne gegen den Streik hat nicht funktioniert. Die Behauptung, dass der Streik ein Angriff auf eine demokratisch gewählte Regierung sei, hat nur klargemacht, dass wir zwei Demokratien haben – ihre im Parlament und unsere auf der Straße. Zwischen mehreren hunderttausenden bis hin zu einer Million Menschen waren im Streik – bei einer berufstätigen Bevölkerung von 4,5 Millionen. Der öffentliche Verkehr, Luft- und Schifffahrt kamen komplett zum Erliegen. Alle Häfen waren geschlossen. Viele große Unternehmen waren zu oder nur im Mindestbetrieb um die Sicherheit aufrechtzuerhalten. Viele Schulen waren leer. Zahlreiche Streikposten waren der Meinung, dass die Bewegung Potential hat, noch stärker zu werden. Versuche, entlang der Sprachgrenze (Flämisch bzw. Französisch) oder zwischen den verschiedenen Gewerkschaften zu spalten, funktionierten nicht. Der Druck von unten für einen zweiten Aktionsplan ist groß. Die Streikenden sind geeint, die Regierung ist gespalten. Die Parteien in der Regierung beschuldigen ihre jeweiligen Koalitionspartner, für die Instabilität der Regierung verantwortlich zu sein.

Im Moment haben die Gewerkschaften noch keinen neuen Aktionsplan angekündigt. Aber es ist klar, dass sie gezwungen sind, das zu tun. Jetzt müssen konkrete Schritte gesetzt werden, um die Bewegung auszuweiten bzw. um sie davor zu bewahren, nur eine Serie von Protesten zu werden. Es gilt einen ernsthaften Kampf vorzubereiten, mit einer Eskalationsstrategie. Ein weiteres Wachstum der Bewegung ist möglich. LSP/PSL stellt die Idee eines neuen Aktionsplans auf der Basis des ersten nach vorne. Er sollte nicht nur die Regierung stürzen, sondern auch die Sparpolitik stoppen. Das stellt die Frage nach einer politischen Alternative, denn die Sozialdemokratie lehnt die Kürzungen nicht grundsätzlich ab. CWI-Mitglieder intervenierten energisch in die Bewegung. Unsere BetriebsrätInnen konnten ihre Verankerung ausbauen, besonders wo Versammlungen in den Betrieben organisiert worden waren. Gleichzeitig haben wir Initiativen gesetzt, um den Widerstand unter Jugendlichen aufzubauen. Während der Bewegung haben wir nächste Schritte vorgeschlagen, und betont, dass eine sozialistische Alternative zur kapitalistischen Sparrealität nötig ist.

 

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