Erfolgreiche Kampagne gegen rechte Gewalt in Linz

– und es geht weiter: Am 1. Mai Strache aus der Stahlstadt vertreiben!
Flo Klabacher

O-Ton aus der Kampagne: „Endlich tritt jemand gegen die Medienhetze gegen den Islam auf! Wir sind ganz normale Leute und haben nichts mit den Wahnsinnigen vom IS zu tun. Viele glauben, jeder Moslem ist ein Terrorist. Danke, dass ihr dagegen kämpft!“

O-Ton aus der Kampagne: "Wieviele Freiheitliche braucht man, um eine Glühbirne zu wechseln? Keinen einzigen! Niemand braucht Freiheitliche!“

O-Ton aus der Kampagne: „Ich war früher in Wien auch aktiv gegen die Rechten und bin froh, dass es Jugendliche gibt, die diesen Kampf weiterführen. Das Wort Genossen hab ich seit Jahren nicht mehr gehört. Schön, dass jemand diese Traditionen hochhält!“

O-Ton aus der Kampagne: 13-jähriger Schüler: „Was macht ihr da?“ - „Wir haben eine Kundgebung gegen rechte Gewalt, weil es immer wieder zu Übergriffen durch Rechtsextreme gekommen ist. Am 11. ist eine Demo. Dafür verteilen wir Flugblätter“ - liest das Flugblatt „Kann ich ein paar mitnehmen? Meine Schwester arbeitet bei einem Zahnarzt, ich könnt fragen, ob ich sie dort auflegen darf“ - „Ja, klar!“ - kommt wieder zurück „Ich hab sie aufgelegt. Soll ich euch noch beim Verteilen helfen? Hab grade nichts vor...“ bleibt bis zum Ende der Kundgebung, hilft verteilen und kauft ein Vorwärts.

Im März werden vier AktivistInnen der Sozialistischen LinksPartei bei brutalen Übergriffen von Rechtsextremen und Neonazis, die gerade von einer „Pegida“-Demonstration kommen, verletzt. Die rohe Gewalt, mit der die Schläger vorgehen und das skandalöse Verhalten der Polizei, die sich vor Ort weigert, eine Anzeige aufzunehmen und die Täter zu stellen, zeigen deutlich, dass eine breite Kampagne gegen rechte Gewalt dringend notwendig ist. Gemeinsam mit vielen Lehrlingen, SchülerInnen, StudentInnen, ArbeiterInnen, Arbeitslosen und PensionistInnen, die zum ersten Mal in ihrem Leben politisch aktiv werden, startet die SLP eine antifaschistische Kampagne, wie sie Linz bisher noch nicht gesehen hat.

Schon zwei Tage nach dem Übergriff findet die erste Kundgebung am Taubenmarkt statt, inklusive Platzverweis für Pegida-AktivistInnen, die die Aktion stören wollen. Und so geht es auch weiter: Sieben Wochen lang werden auf zwei bis fünf Kundgebungen pro Woche, Verteilaktionen vor Schulen und beim Plakatieren in ganz Linz über 10.000 Flugblätter verteilt, rund hundert Plakate aufgehängt, und weit über hundert Vorwärts-Zeitungen verkauft. Viele PassantInnen sind von den gewalttätigen Aktionen der Rechtsextremen schockiert und fragen sich, warum die Medien diese Gewalt verschweigen. Viele sympathisieren mit der Kampagne, tragen sich in Kontaktlisten ein oder helfen spontan bei den Kundgebungen. Eine muslimische Frau sagt: „Viele schauen mich in der Straßenbahn blöd an, weil ich ein Kopftuch trage. Wir sind keine Terroristen. Aber wegen der Ausgrenzung radikalisieren sich manche. Wir müssen gemeinsam dagegen kämpfen!“ und unterstützt die Kampagne mit einer Spende. Ein Schüler holt sich mehrmals Flugblätter nach und hilft beim verteilen. Viele bedanken sich dass "endlich wer was tut". Offensiv werden Spenden gesammelt, die am Ende reichen, um die Flugblätter, das Transparent und die Plakate für die Kampagne unabhängig von großen GeldgeberInnen zu finanzieren. Immer wieder gibt es auch Provokationen von Rechtsextremen und Nazis. Jedes Mal enden sie mit einem Platzverweis für die Rechten – nicht durch die Polizei, sondern durch das mutige und entschlossene Auftreten von linken AktivistInnen. Bei einem zweiten rechtsextremen Übergriff am Hauptbahnhof zeigt sich, dass unser Netzwerk gegen Rechts schon greift: Binnen Minuten kommen den von rechtsextremen Hooligans bedrohten AktivistInnen, die gerade von einer Mobilisierungsaktion auf der Wienerstraße kommen, sechs AntifaschistInnen zu Hilfe. Ein Antifaschist wird bei dem Übergriff verletzt, aber die AktivistInnen der Kampagne lassen sich nicht einschüchtern. Stattdessen wird die Aktivität weiter gesteigert: Die Kampagne breitet sich in Oberösterreich aus. Neben den Aktivitäten in Linz gibt es auch Verteilaktionen, Kundgebungen und Diskussionsveranstaltungen in Wels, Gmunden und Vöcklabruck. Der Linzer Sender Radio FRO berichtet regelmäßig über die Aktivitäten, Gewerkschafter laden AktivistInnen der Kampagne zu Lehrlingstreffen ein, um dort mit Lehrlingen über die Gefahr des Rechtsextremismus zu diskutieren, auch in Schulen können wir die Kampagne vorstellen.

Aber wir verteilen nicht nur Flugblätter gegen Rassismus. Jeden Montag wird die Kampagne bilanziert und weiter geplant. Im Anschluss gibt es politische Diskussionen. Jede Woche wird ein anderes Thema diskutiert. Darunter der Kampf gegen Frauenunterdrückung, Widerstand gegen die Kürzungen im Sozialbereich in Oberösterreich und natürlich der Kampf gegen die rechte Hetze von FPÖ, Pegida & Co. Wir kommen zu dem Schluss, dass es nicht reicht Rassismus grauslich oder Burschenschafter doof zu finden. Notwendig ist eine Alternative zu Kürzungspolitik und Sozialabbau. Denn: Der beste Nährboden für rechte Hetze sind Armut, Arbeitslosigkeit und Wohnungsnot. Nicht ohne Grund trägt die Kampagne den Titel „Gemeinsam gegen rechte Gewalt – für Jobs, Bildung und Wohnungen!“. Bei allen Aktionen machen wir klar, dass es nötig ist, selbst aktiv zu werden, dass wir gemeinsam gegen Sparpakete, Stellenstreichungen und Betriebsschließungen kämpfen müssen, egal, welche Religion oder Hautfarbe wir haben oder woher wir kommen. Wir fordern die Gewerkschaften auf, sich unserer Kampagne anzuschließen, besuchen den GPA-Jugendkongress und verteilen vor der Arbeiterkammer.

In der letzten Woche vor der Demo wird die Aktivität noch einmal auf ein neues Level gehoben. Täglich zwischen sechs und sieben Uhr morgens beginnen die ersten Aktionen, zwischen sechs und sieben am Abend enden die letzten. Oft folgen noch lange Diskussionen.

Vorläufiger Höhepunkt der Kampagne ist die Demonstration am vergangenen Samstag. Über siebzig AntifaschistInnen demonstrieren von der Otto-Glöckel-Schule zum Schillerpark. Die Route ist bewusst gewählt: Wir wollen nicht durch die großen Einkaufsstraße demonstrieren, sondern dort eine Alternative anbieten, wo sie gesucht wird und nötig ist. Rund um die Wienerstraße leben viele Menschen mit Migrationshintergrund. Viele von ihnen haben Erfahrungen mit rassistischen Pöbeleien und rechter Gewalt gemacht. Immer wieder tauchen Sticker der rechtsextremen „Identitären Bewegung“, der „Pegida“ und des „Ring Freiheitlicher Jugend“ auf der Wienerstraße auf. Rechte Hetzer versuchen, die BewohnerInnen der Gegend gegeneinander auszuspielen. Viele haben genug davon. Wir wollen mit ihnen gemeinsam gegen Rassismus, Armut und Arbeitslosigkeit kämpfen. Das haben wir mit der Demonstration am Samstag klar gemacht. Sowohl „ÖsterreicherInnen“ als auch MigrantInnen, die in der Gegend wohnen, sind oft von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen. Die Wohnstandards sind oft so schlecht, wie die Mieten überteuert sind. Alle paar Meter finden sich Leasingfirmen, die ihre Büros nicht zufällig hier haben. Mit schlecht abgesicherten und unterbezahlten Arbeitsverhältnissen werden die ArbeiterInnen und Jugendlichen in der Gegend abgespeist. Auf der Demoroute liegt ein Flüchtlingsheim, das über hundert Flüchtlinge auf engstem Raum beherbergt. Auch an Einrichtungen für sehbehinderte Menschen und Werkstätten für Beeinträchtigte und Langzeitarbeitslose, die von den Kürzungen im Sozialbereich betroffen sind, zieht die Demonstration vorbei.

Die Reaktionen waren durchwegs positiv: Viele Leute, die entlang der Demoroute wohnen, haben sich der Demonstration angeschlossen. Eine alte Frau, die schon recht gebrechlich war meinte "lassen sie mich einhängen" um an der Demo teilzunehmen. Ein Vater mit Sohn ging spontan mit. PassantInnen, AutofahrerInnen und Leute aus den Lokalen und Geschäften auf der Demoroute lasen sie Flugblätter durch und holten sich oft ein paar mehr, um sie an FreundInnen weiterzugeben. Viele kauften die Zeitungen. Auf der Auftakt- und Schlusskundgebung blieben viele PassantInnen stehen, um sich die Wortbeiträge der AktivistInnen anzuhören. Thematisiert wurden dabei rechtsextreme Gewalt und die Tatenlosigkeit der Polizei, die Hetze der FPÖ, die Kürzungen im Linzer Magistrat und im oberösterreichischen Sozialbereich, Privatisierungen und die folgenden Stellenstreichungen, Jugendarbeitslosigkeit, Arbeitslosigkeit bei älteren ArbeitnehmerInnen, Wohnungsnot, Bildungsmisere und viele andere soziale Themen.

Eine Demonstration mit siebzig TeilnehmerInnen mag klein wirken, wenn man bedenkt, dass zu den Demos gegen Pegida im März über tausend Leute gekommen sind. War die Kampagne also ein Misserfolg? Mitnichten!

Ein Ziel der Kampagne war es, ein Netzwerk gegen rechte Gewalt und rassistische Hetze aufzubauen. Das ist gelungen. Hunderte neue Kontaktadressen wurden gesammelt. Sollte Pegida oder eine andere rechtsextreme Organisation wieder in Linz marschieren wollen, ist es nicht unwahrscheinlich, dass sie die Aktion sehr kurzfristig ankündigen werden um starke Gegenmobilisierungen zu verhindern. Durch die Kampagne, die wir geführt haben, können wir dann auf Knopfdruck über 900 AntifaschistInnen über Gegenaktionen informieren.

Ein zweites Ziel war, Menschen kennenzulernen, die gegen rechte Hetze und ihre Ursachen aktiv werden wollen. Diese Ursachen sind Arbetislosigkeit, Armut, Wohnungsnot und Perspektivenlosigkeit. Auch das ist gelungen. Auf der Demo und bei den Kundgebungen in den letzten sieben Wochen haben wir viele Leute kennengelernt, die im Sozialbereich beschäftigt sind – sowohl BetreuerInnen als auch KlientInnen – und gegen die Streichung von 500 Stellen und die Kürzung von 25 Millionen Euro in Oberösterreich aktiv werden wollen. Eine Kampagne, die den Gewerkschaften zeigt, dass wir bereit sind, gegen diese Kürzungen zu kämpfen und wenn nötig auch zu streiken, ist in diskussion. Kämpferische Kampagnen gegen Stellenstreichungen, Betriebsschließungen und Lohndumping sind tatsächlich die effektivste Waffe gegen rechte Hetze. Denn hier zeigt sich in der Praxis, dass nicht unsere KollegInnen anderer Herkunft, Hautfarbe oder Religion für die sozialen Probleme verantwortlich sind, sondern Konzerne und ihre VertreterInnen in der Politik.

Die Demo am Samstag war zwar recht überschaubar, aber kämpferisch und dynamisch. JedeR AktivistIn war in die Demo eingebunden und hatte eine Aufgabe. Die meisten davon waren auch zuvor schon auf Kundgebungen und Verteilaktionen aktiv. Es war eine Demonstration von SchülerInnen, Lehrlingen, ArbeiterInnen, Arbeitslosen, StudentInnen und PensionistInnen, denen in den letzten Wochen klar geworden ist, dass es notwendig ist, selbst das Heft in die Hand zu nehmen und auch längerfristig gegen Rassismus und Sozialabbau aktiv zu werden. Genau das ist notwendig, um nachhaltig gegen rechte Hetze zu kämpfen. Die AnrainerInnen auf der Demoroute waren nicht davon enttäuscht, dass die Demonstration vermeintlich klein war, sondern froh darüber, dass überhaupt jemand die sozialen Probleme, die viele von ihnen betreffen, thematisiert. Die Kampagne ist ein voller Erfolg – und für uns ist klar: Nach der Kampagne ist vor der Kampagne!

Am 1. Mai kommt Strache nach Linz, um im Bierzelt seine rassistische Hetzte zu verbreiten. Veranstaltungen der FPÖ sind auch immer ein Treffpunkt der rechtsextremen Szene. Immer wieder kommt es rund um die Auftritte von Österreichs Hassprediger Nummer eins zu Übergriffen auf Linke und MigrantInnen. Die menschenverachtende Hetze der FPÖ gegen Flüchtlinge und Andersgläubige ist dafür verantwortlich, dass sich Nazis immer wieder zuschlagen trauen. Gleichzeitig kürzt die selbsternannte „soziale Heimatpartei“ auf allen Ebenen und ist mit verantwortlich für Armut, Arbeitslosigkeit, Korruption und Wohnungsnot.

Leider nehmen viele linke Organisationen in Linz die Gefahr von rechts nicht ernst. Seit den Übergriffen am 21. März war abgesehen von der SLP keine Linke Organisation gegen rechte Gewalt auf der Straße. Wir hoffen, dass sich das ändert und suchen das Bündnis mit anderen Linken um gegen die FPÖ zu mobilisieren. Wir wollen auch am ersten Mai klar machen, dass rassistische Hetze in Linz nicht ohne Widerstand über die Bühne gehen wird. Komm zu den Treffen der SLP und werde mit uns gemeinsam aktiv: Gegen rechte Hetze, gegen Nazigewalt und gegen Kürzungspolitik – Für Jobs, Bildung, Wohnungen und soziale Absicherung für alle Menschen, die in Österreich leben!

 

AktivistInnentreffen für eine Kampagne gegen Straches Besuch am 1. Mai:

Jeden Montag, 18.30 Uhr, Gasthaus „Alte Welt“, Hauptplatz 4, Linz

 

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